Die 2016 neu gegründete Band (3x ehemalige A Tired Day's Night + 1x A Second Glance-Beteiligung) wusste uns schon mit ihrer Debüt-EP "Schemes" zu begeistern. Mit "Zenith", das abermals auf CD erscheint, knüpft das Berliner Quartett nun nahtlos am Vorgänger an und überzeugt mit einer soliden Mischung aus Post- und Melodic Hardcore, die auch unbemerkt auf der Welle zwischen den Größen Touché Amoré, La Dispute und Pianos Become The Teeth surfen könnte.
Hinter Kaczka verbergen sich drei Kölner Jungs und ein Mädel. Warum sie sich also ausgerechnet Kaczka und naheliegender Weise nicht Eend genannt haben, weiß ich nicht. Spielt aber auch keine Rolle, denn musikalisch schielt ihr clever arangierter und bissiger Punk-Post-Punk sowieso Richtung Hamburg. Abgesehen von den überwiegend weiblichen Vocals, eignet sich die Debüt-EP "Keiner Da" des Quartetts hervorragend als Ergänzung zum mitreißenden Punk der aufstrebenden Cold Kids.
Mensch darf sich vom ersten Song "Free The Sky" nicht täuschen lassen: auch auf ihrer zweiten EP "Under The Sun" entpuppen sich Riot In The Attic als wahre Retro-Veteranen. Vom Hard Rock á la Led Zeppelin ("Floating"), über die Metallica-Gedächtnisballade ("Men In Shades") bis hin zum Floyd'schen Psychedelic ("Don't Let Me Down"), räumen die drei Kölner alles ab, was ihnen auf ihrer Zeitreise durch die 70er/80er über den Weg läuft. Ein paar progressive Elementarteilchen aus dem Hier und Jetz sind aber trotzdem noch hängen geblieben.
Band: Riot In The Attic
Titel/Release: Under The Sun/EP (CD incl. "Lost & Found"-Songs as Bonustracks; Digital)
Genau, bei Gregor aka GrGr dürft ihr nichts anderes erwarten als euch das Coverbild verspricht. Punk und Gameboys. Das garantiert knallige 8bit Synth und Bässe gegen die Scheiße der Welt. Dabei denkt GrGr nicht im Traum daran jeden Song zu besingen (für Vieles fehlen einem einfach die Worte), aber Titel wie Kartoffelsalat ballern auch so und sorgen für Bomben! Stimmung. Alles andere hingegen wird wütend da rausgebrüllt bis die Synth dumpfer und düsterer werden. Hier erinnert das Tape dann stark an den Rave vom Labelkollegen Björn Peng. Da wurden sicherlich einige Stunden zusammen Super Mario gezockt. Ist aber nicht schlimm, macht diesen scheinbar simplen Sound viel durch- und erwachsener. Klingt ziemlich geil und der Sound des echten Tapes rundet die EP perfekt ab. Wer dieses Retro-Feeling erleben will, sollte nicht zögern und einen der vielen Bandcamp Links unten klicken.
Cortarmao liefern mit "Herzmaschine" ihren ersten Longplayer ab und das abermals in kompletter Eigenregie. So erscheint das Album als rot-grau-marmorierte Vinyl und als handgestempelte und -nummerierte CD über das eigene Label Feenoise, wobei sich die Band ganze Nächte um die Ohren schlug, um sich mit den Tücken des Aufnehmens, Mischens und Mastern herumzuärgern.
Ein Umstand, der dem Album sicherlich an einigen Stellen anzuhören ist, unter dem Deckmantel des D.I.Y. aber zumindest billigend und für die Hörerschaft wohlwollend in Kauf genommen wurde.
Was mit den zwei 2015er Demo-Songs vielleicht noch etwas zu kurz für einen Gesamteindruck ausfiel, wird auf "Herzmaschine" nun zu einem wahren Wahnsinnsspektakel für Hartgesottene zusammengepfercht. Was mit der fiesen, schleppenden Doomwalze "Aorta" noch recht monoton vor sich hinrumort, wird bereits mit dem fetten Riff im folgenden "Baldachin" in eine andere Sphäre katapultiert. Fortan bewegen sich Cortarmao auf einen schmalen Grad zwischen Genie und Wahnsinn, durchbrechen ihre mitreißende Hooks mit wüsten Noise-Eskapaden und fangen ihre trügerische Stille in verstörenden Kammerspielchen ein. Über jeden der neun Songs schwebt stets die mit Spannung erwartete Unberechenbarkeit, die die vier Thüringer mindestens genauso meisterhaft beherrschen wie die vielzitierten Math- und Noisecore-Größen. Dass dafür auch noch einige befreundete Musiker aus der Region mit eingebunden wurden - u. A. sind zwei Mitglieder von .leaves zu hören, mit denen sich Cortarmao ja zuvor ein schick aufgemachtes Split-Tape teilten (siehe HIER) - , setzt der Vielfalt natürlich noch die Krone auf.
Auch wenn es für diese Sparte des Hardcores vielleicht nur eine relativ kleine Fangemeinde gibt - Bands wie Cortarmao sind enorm wichtig, um dieses Genre auch hierzulande salonfähig zu machen.
Band: Cortarmao
Titel/Release: Herzmaschine/Album (300x Red Marbled Vinyl, 49x CD, Digital)
Drei Männer springen fast vier Minuten halbnackt in der Fantasiewelt eines 13-Jährigen herum? Kurios, aber nun gut. Formosa ist eine drei-köpfige Formation aus Essen, die schweißtreibende Riffs mit sexy 80ies-Groove vermischen und in schwungvolle Retro-Hardrock-Nummern verpacken. Auf "Mañana", eine weitere Single-Auskopplung aus ihrem Debüt-Album "Sorry For Being Sexy", gab's Unterstützung von Fitches-Sänger Dennis Steinhoff.
Zwischen Affenmesserkampf und The Kongsmen, sind Affenzauberhand musikalisch wohl bloß handzahme Schimpansen. Es ist aber ohnehin vor allem der Freigeist, der auch über die Songs ihres dritten Albums "...auf der Flucht vor dem Gärtner, Im Garten der Musik" thront und sie zwischen Akustik-Punk, Jazz und Slapstick hin und her schubst. Aufgrund der vielen Hintergrundgeräusche vielleicht sogar als vorprägende Kinderlieder zu empfehlen.
Die selben beiden Herren, die nächste Dame: war auf der Debüt-Single "Vielleicht" noch Lil B neben den beiden Fixpunkten Torsun Burkhardt und Vredeber Albrecht (Mesmo, ex-Blumfeld) vertreten, platzierte der fotogeneEgotronic-Kopf für die Zweite "Jeden Tag" nun Sina Synapse neben sich auf der Couch. Von beiden Stimmchen ist nach der digitalen Politur leider nicht mehr viel übrig geblieben und wie auch schon zuvor, hängt auch dieser Song noch dem eigens erklärten Anspruch eines "Trap-Indie-Grunge"-Gemisches zu Ungunsten der beiden Letzgenannten hinterher. Aber hey...der Rocco wird das sowieso wieder bedingungslos abfeiern.
Die Pause ihrer Hauptband Fitches, nutzen Peter Bering (Gesang + Gitarre) und Alessandro de Luca (Schlagzeug) für einen kleinen Ausflug in den Grunge. Als The Pighounds haben sie innerhalb kürzester Zeit ein Album eingehämmert (VÖ: Sommer 2018 über Sweepland Records), dessen tief-groovenden Vorboten "Worn Out" und "As Good As Blind" schonmal gut auf die schweißtreibende Jahreszeit einstimmen.
Nach "Adolf Hipster" präsentieren uns Inwiefern und Bakraufarfita Records nun die zweite Video-Single "Gefangen im Netz" vom zweiten Bandalbum "Irgendwas ist immer". Der Rocco treibt sich ja seit eh und je auf ihren Konzerten in Strausberg rum. Und wer oben laufenden Song hört, der kann sich sicherlich denken, dass er ein solches niemals ohne einem Schweiß-Bier-getränkten Shirt verließ. Toller, Pogo- und Mitgröltauglicher Deutschpunk aus der brandenburgischen Kreisstadt der Herzen.
Weißes und schwarzes Vinyl nach wie vor beim Bönxi Bönx erhältlich.
Zweite EP des Saarländer Quartetts um Frontfrau Mira mit drei neuen Songs + einer neu eingespielten Version vom Titelstück der ersten EP.
Die fast in kompletter Eigenregie entstandene Kurzrille braucht keine neun Minuten um auf dem Punkt zu kommen. Wer generell mit Deutsch-(Hardcore-)Punk etwas anfangen kann, braucht auch keine große Eingewöhnungszeit. Genretypische Riffs, brummende Amps, ein paar Chöre zur Aufwertung des Wir-Gefühls und herrlich analoger Kratzgesang, sorgen für eine rundum wohlige Proberaumästhetik.
Die schwarze 7" kommt mit Poster, Textblatt und Downloadcode und ist auf 300 Stück handschriftlich durchnummeriert.
Mensch merkt es schon an den Referenzen: Lady Blue Beard sind vielleicht etwas zu ambitioniert für unsere zurückhaltenden Blog-Seiten. Bevor sie aber irgendwann einmal vielleicht das Cover des Rolling Stone Magazines zieren, heißt es erst einmal sich mühsam aus dem Untergrund nach oben zu graben. Damit sind sie zwar bei uns an der falschen Adresse gelandet, denn wir sorgen bestenfalls für eine Popularitätsstagnation. Egal. Lady Blue Beard aus Dresden kreieren charmante Folk-Pop-Songs, mal etwas verträumter, mal etwas flotter. Band-Leader Klaus Fischer tritt mit seiner sanften bis leicht aufgeregten, in jedem Fall aber äußerst facettenreiche Stimme in die Fußstapfen von Größen wie David Bowie oder Lou Reed und nutzt diese als avantgardistisches Element des Singer/Songwritertums. Ich bin der Meinung, an einigen Stellen auch einen melancholisch-düsteren Unterton zu vernehmen, wie er mich schon bei Mark Linkous seit je her faszinierte.
Da wir ja aber der Tiefsinnigkeit abgeschworen haben, beende ich die Besprechung an dieser Stelle einfach mal abrupt. Hört selbst.
Band: Lady Blue Beard
Titel/Release: Picture Of An Elephant/Album (Digital)
Hat da etwa jemand das D am Anfang des Bandnamen verschluckt oder sind das wirklich kranke Tanten? Eine Punkband, die selbst die hartgesottenen oder hart besoffenen Schreiberlinge vom Bierschinken ratlos zurücklässt ("Ist das Kunst, oder ist das Scheiße?"), macht doch schon etwas neugierig. Und in der Tat schwanken die Songs zwischen beschwipsten Punknummern, ausgelassener Weirdo-Laune und monotonem Singsang, der sich gerecht auf beide Geschlechter verteilt. Die sporadisch hereinplatzende Melodica setzt dem bunten Treiben zu guter Letzt noch das trashige Sahnehäubchen auf.
Da der Kasseler Vierer zum Release ihrer dritten EP "Freudig Destruktiv" noch nicht genug Dosenpfand für neue Tapes sammeln konnte und auf den B-Seiten der noch vorhandenen "Schwindelig"-Bänder reichlich Platz über war, wurden beide EP's kurzerhand auf ein Tape vereint. Vorbildlich ökonomisch.
Band: Ille Tanten
Titel/Release: Freudig Destruktiv / Schwindelig / Doppel-EP (Tape mit beiden EP's verteilt auf A- und B-Seite, Digital)
Manchmal ist weniger mehr, haben sich wohl diese vier Herren aus dem englischen Brighton gedacht, die ihre Debüt-EP "Burrows & Other Hideouts" gerade mal mit zwei Songs bestückten. Dabei fängt ihr emotional mitreißender Screamo mit melancholisch ausladenden Post-Rock-Ausflügen nach dem finalen Ausbruch in "Arms" erst richtig an Spaß zu machen.
Dass die vier Jungs der misanthropischen Berliner Undergroundszene entspringen, zeigt schon das düstere Artwork ihrer zweiten LP "Derbe Lebowski". Leute von Henry Fonda, Hatehug und Femme Krawall treten zum dritten Mal das Gaspedal bis zum Anschlag durch und lockern ihren zerfahrenen Powerviolence/Fastcore-Hybriden mit einigen treibenden Punkmelodien auf.
Band: Derbe Lebowski
Titel/Release: Derbe Lebowski/Album (100x Silver Vinyl w/ Red Screenprinted B-Side; 100x Silver Vinyl w/ Black Screenprinted B-Side; Black Vinyl; Digital)
Hier nun also der Anfang unseres neuen, wesentlich abgespeckteren Vorstellungskonzeptes:
Zusammenkunft von erfahrenen Musikern aus Bands wie ANCST, HEDGER, We Are Crooks und Redlined, die als Sinatra vor allem Fans von Converge & Co. zu begeistern wissen. Fies, dreckig, rotzig, stark!
Die 1ste Ladung von schwarzen, chrombespränkelten Tapes ist logischer Weise bereits restlos vergriffen. Dieses Jahr soll es allerdings Nachschub geben - als buntbekleckste weiße Tapes.
Als geneigte_r Math/Chaoscoreler_in kann man natürlich noch immer dem Verlust einer der wohl bedeutendsten Vertreter dieser Sparten hinterhertrauern. Oder, man akzeptiert endlich die Vergänglichkeit seiner einstigen Helden und öffnet sich neuen interessanten Gruppen.
Nach ihrem 2016er Demo, der "Fashion Statements..."-EP und der jüngst erschienenen "Cassingle", haben SeeYouSpaceCowboy aus San Diego ihren Geheimtippstatus längst hinter sich gelassen. San Diego? Genau, da sollte der/die geneigte Chaos/Mathcoreler_in erst recht die Ohren spitzen. Holy Molar, The Locust und nicht zu vergessen Cattle Decapitation - da kreuchen und fleuchen schon so einige verrückte Viecher umher. Mit jenen Bands haben die fünf "Sassgrinder" (so ihre eigens kreierte Stilbeschreibung) zwar keine direkte Verbindung, dennoch verbergen sich hinter SYSC keine unbekannten Gesichter. Letters To Catalonia, Flowers Taped To Pens, Recluse, René Descartes oder Meryl Streaker lauten etwaige Vor- und Nebenprojekte der Beteiligten, was auch erklären dürfte, warum man beim Kauf ihrer physikalischen Releases nicht allzu lange zögern sollte. Und natürlich, weil sich das musikalische Spektrum dieser Band über wesentlich mehr erstreckt, als "nur" dem genre-typischen Stakkato-Geknüppel. Aber am besten selber hören - und kaufen!
Band: SeeYouSpaceCowboy...
Titel/Release: Fashion Statements Of The Socially Aware/EP (1st, 2nd Press & 3rd Press 7" Vinyl in many different colours; 50x Tape, Digital)
Das war schon ziemlich harter Tobak, was die Bonner Band Worth mit ihrer letztjährigen Debüt-EP "W O R T H" ablieferte. Zwei Songs über menschliche Monster, oder eigentlich vielmehr zwei Geschichten in musikalischer Umrahmung. Jedenfalls sehr düster und musikalisch aus der Schablone gedrückt.
Mit neuem Schreihals hinter dem Mikro sollte sich nun auf ihrer zweiten EP "Lacus" so einiges ändern. Die Texte sind poetischer, wenngleich ziemlich pessimistisch, geworden und in englischer Sprache, der Sound runder und somit ein Stück weit weg vom Post- und hin zum Melodic Hardcore. Crew-Shouts, Chöre und melancholischen Momenten, aber auch fast schon brachialere Metalcore-Eskapaden (z. B. der wilde Ritt am Anfang von "Lacus/IV") - das Quintett hat seinen fragil-düsteren Sound für viele, altbekannte Hardcore-Bausteine geöffnet, die souverän und äußerst homogen zu eingängigen Songs geformt wurden. Das klingt eigentlich fast schon zu überambitioniert für den hiesigen Underground, zumal eine Hardcore-Band mit Instagram-Account da aber wahrscheinlich auch gar nicht lange verweilen will. Bleibt nur abzuwarten, wie sich Worth unter all den tausenden und hundertfach bekannteren Schwarzmalern dieser Welt schlagen werden.
So ganz ohne Umschweife zur deutschen Grindcore-Legende Japanische Kampfhörspiele kommt der Kölner Fünfer DER_WARRIOR nun doch nicht aus. Und dabei meine ich nicht nur ihren Beitrag zum Sampler "A Tribute To Japanische Kampfhörspiele". Auf ihrem zweiten Release "Mannborg" tummelt sich mittlerweile genauso viel trashiges Horrorfilmmaterial, wie auf den Veröffentlichungen von Fake Idyll (mit JaKa-Beteiligung) oder Fantômas. Dabei entfernt sich die Instrumental-Band ein ganzes Stück weit weg vom ausdauernden Doom ihres Erstlings "Ehrenfeld³" und öffnet ihren Sound vielmehr für viele a-puristische Einflüsse. Glockenspiel, Reggae-esque Hooks wie in "Captain", aber auch monolithisches Georgel, führen den geneigten Hörer durch eine fast schon wahnwitzige Abenteuer-Fahrt durch die Kontroverse.
Kommt als schick aufgemachtes Tape in auffaltbarer Pappe.
Celestica, 2013 aus ehemaligen Concubine hervorgegangen, haben uns bereits 2014 mit ihrem Demo-Debüt so ziemlich sprachlos gemacht. Irgendwo zwischen Punk, Post- und Melodic Hardcore toben sich die fünf Schweden aus Örebro aus und beackern dabei nicht gerade unbeachtete Gefilde.
Eine Split mit ihren schwedischen Kollegen aus Umeå, The State The Sea Left Me In, und eine Vorab-Single konnte das Quintett seit dem verbuchen. Und mit "How To Speak With Cravity" nun also auch ihr erstes Studio-Album, für dessen Grobschliff die Band keinen Geringeren als Jack Shirley verpflichten konnte. Das ist den insgesamt zehn Songs durchaus anzuhören, die sich auch hervorragend in die goldene Screamo-Mitte der 00er-Jahre integrieren lassen könnten. Flirrende Gitarren-Melodien treffen auf wohl dosiertes Geschreie treffen auf eine treibende Rhythmus-Sektion und sorgen somit für ein Rund-Um-Sorglos-Paket für Melodic-Hardcore-Begeisterte.
Typischer Sweden-Hardcore, dem die kompromisslose Direktheit nicht unbedingt auf dem ersten Lauscher anzuhören ist.
Band: Celestica
Titel/Release: How To Speak With Gravity/ Album (Digital)