Mittwoch, Mai 8

Was geht denn eigentlich so in Frankreich?

Zero Absolu


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Die Idee der Ein-Mann-Band ist sicherlich nicht neu. Der Franzose Nak Golaz ist ein Egomane durch und durch und Diktator seiner eigenen musikalischen Auffassung. Nicht etwa, weil er sich nicht mit anderen Musikern arrangieren könnte, immerhin spielte Nak schon in vielen Indie- und Hardcore-Bands, aktuell als Bassist bei Sport und Sänger der Metal-Band NERV. Anderen seine Ideen aufzudrängen liegt ihm halt nicht. Darum ist sein seit 2006 existierendes Projekt Zero Absolu (bei englischen Medien als Absolut Zero geführt) auch zu 100% Solo, einem Prinzip, dem er auch bei Live-Auftritten - bewaffnet mit Loopers, einer Drummachine, seinem Instrumentenarsenal und einer Videowand - treu bleibt. Und das erfordert schon ein gewisses Maß an handwerklicher Begabung, erst recht, wenn man sich allein der Herausforderung Post-Metal stellt. Natürlich nur eines von vielen Genres, die Nak neben Indie, Shoegaze, Post-Rock, Ambient und Electronica in seinem eigenen experimentellen Klangkosmos auf die Reise schickt. Was, wann, wie und womit dann aufeinander trifft, kollaboriert, sich wegstößt oder ineinander verschmilzt, bleibt eine spontane Reaktion und unterliegt keinen Rahmenbedingungen. Dennoch entfalten sich seine Songs zumeist in atmosphärischer Schönheit, tragen Trauer oder verdichten sich zu etwas Großem, was die Songs zwar unberechenbar macht, keinesfalls aber ins Chaos stürzt. Hilfreich dafür sind auch die Konzepte, an denen sich Nak auf seinen Alben entlang hangelt. So stellte das Debüt "Du Vide Au Néant..." das Wunder der Geburt und die Schönheiten des Lebens gegen Endlichkeit und die Bitternis des Todes auf, während "Dans Le Bras de Morphée" zwischen Traumwelten und Schlaflosigkeit pendelte. Sein drittes Album "Autømn" verzichtet erstmalig auf ein inhaltliches Konzept. Es sollte nunmehr der Song in den Fokus rücken, organischer und rockiger klingen. Das Konzept ist vielmehr die Atmosphäre, die von einer enormen Klangfülle transportiert wird. Wie ein Fischer, der mit seinem kleinen Boot auf offener See vom Nebel eingefangen wird. Orientierungslos, paranoid, mystisch und die beängstigende Vorstellung, was da draußen so alles lauern könnte, das rettende Ufer suchend. Fast ein Jahr hat Nak an diesem Album getüftelt. Ich denke es hat sich gelohnt. 

DL Autømn

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Lost in Kiev

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Das Pariser Quintett Lost in Kiev gibt's bereits seit 2007, ihr Debüt-Album "Motions" erschien nun endlich im letzten Jahr. Ein Album, dem man das lange Warten durchaus anhört, das nicht voreilig zum Releasen frei gegeben wurde. Dafür dürfte auch Sylvain Biguet (Birds in Row, Comity, As We Draw, etc.) - der sich auch aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit Amaury Sauvé bereits einen beachtlichen Namen als Hardcore- und Metal-Produzent  in Frankreich erarbeitet hat - gesorgt haben, der eine unfertige LP wohl eher als Raucherkerze in die Küche stellen würde, als sie voreilig zu veröffentlichen. Als bekennender Fan von Steve Albini darf "Motions" somit seinen rohen Sound behalten, was nicht unbedingt üblich ist im Post-Rock. "A Mere Shift of Origin" ist der Roadtrip eines jungen Menschen, der die Lehren seines Vaters als Anlass nimmt das Elternhaus zu verlassen, um die Welt für sich zu entdecken. Halt- und rastlos und am Ende mit der Erkenntnis: "I’ve remembered all my old friends I had betrayed by being a selfish bastard/ a useless ghost./ Everything was so clear: my life has always been about escaping not moving." Die Instrumentierung ebnet der Geschichte etappenweise den Weg und bäumt sich zur Mitte hin über treibende Gitarrenrhythmen zum Metal auf. Damit sind die beiden Variablen - Post-Rock und -Metal -, mit denen Lost in Kiev durch die 46 Minuten ihrer sieben, auf eigenen Erlebnissen beruhenden Songs geleiten, auch schon genannt. Einziger Seitensprung ist das letzte, über neun-minütige "The Day I Ruined My Life", das in seinen stürmischen Ansätzen und die letztendliche Brachialität keinen anderen Ausweg mehr sieht, als sich in den Post-Hardcore zu flüchten. Im April diesen Jahres erschien eine Split mit o. g. Zero Absolu, die auch einen mit dem Pariser gemeinsam eingespielten Song enthält.


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Comity

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Comity existieren bereits seit 1996, teilten die Bühne mit Größen wie Dillinger Escape Plan, Converge, Cave In und JR Ewing und wurden 1998 mit ihrem Debüt-Demo "First Whisper" vom Produzenten-Duo Sauvé/Biguet entdeckt, die die Releases der vier Pariser noch heute in die passenden Formen stechen. Das ist nicht immer ganz einfach, da sich Comity strikt dem digitalen Zeitalter verwehren und ihre Songs lieber analog aufgenommen, gemixt und gemastert haben wollen. Ihrer dreckbeklebten Mixtur aus Post-Hardcore, Metal, Powerviolence, Noisecore und einigen anderen Ausbrüchen, steht das sicherlich nicht schlecht. Für Sauvé und Biguet allerdings ein Knochenjob, denn eine normale Tracklist bzw. klare Songstrukturen kommen bei Comity nicht in Frage. Ihr 2006er Album "...As Everything is a Tragedy" beispielsweise enthält 56 Minuten Songmaterial, aufgeteilt in 99 Songs (der Bandcamp-DL hat diese auf vier Parts zusammengezogen), die an einem Stück eingespielt wurden. Die "You Left Us Here.."-EP, das erste Release nach ihrer zwei-jährigen Pause, beherbergt dagegen nur einen 17-minütigen Song, bei dem es ebenfalls galt, sich bei der Aufnahme nicht zu verspielen. Alles aber kein Problem, solange sich beide Parteien mit diesem Geduldsspiel arrangieren können. Die üblichen Formate findet man eh an jeder Ecke.    

 DL The Journey is Over Now
DL ...As Everything is a Tragedy
DL The Deus Ex-Machina As a Forgotten Genius
DL You Left Us Here...EP
DL The Andy Warhol Sucks EP
DL The Catharsis Syntax Project EP

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 Radius System


Nach anfänglichen Wohnzimmer-Experimenten am Rechner und etlichen Garagenparties bildeten Gregory Hoepffner und Axel Dallou schließlich das Duo Radius System. Ihr Debüt-Album "Work in Progress" entstand in Eigenregie, und obwohl ihr damaligen Sound noch unüberhörbar der Geiste ihrer jugendlichen Jam- und Tüftelorgien inne wohnte, fanden sich mit Season of Mist und Several Bleed Records gleich zwei Labels, die das Debüt der beiden Pariser an den Mann bringen wollten. Etwas weiter weg von der noisigen Wall-of-Sound und der melancholischen Elektronik erschien 2008 ihr zweites Album "Escape/Restart" (nur als Download), welches zwar nicht vollkommen auf Experimente verzichtete, nun aber immerhin Genreklassifizierungen zuließ. Mit Ambient, Post-Rock und Shoegaze lösten sie sich von ihrer kakophonischen Zerstörungswut. Das kann bisweilen an o. g. Zero Absolu erinnern, nur dass der Sound von Radius System wesentlich heller klingt, was Genreverschmelzungen und -sprünge angeht, aber mindestens genauso weit ausholen können. 


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Da die beiden ihre ganze Kreativität unmöglich in lediglich einem musikalischen Projekt ausleben können, haben sich mit der Zeit einige Neben- bzw. Soloprojekte ergeben. Hier sind sie im Schnelldurchlauf:

Almeeva:

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Das aktuelle Solo-Projekt von Gregory Hoepffner, der live auf die Hilfe seines Radius-System-Kollegen Axel Dallou und Vincent Baudron zurückgreifen kann. Hoepffner widmet sich hier seinem Lieblingsgenre - dem Electro. Angefüttert mit etwas Abstract, Ambient und Minimal, wobei die erste EP mit Letzterem reichlich ausgedünnt wurde. Beide EP's erschienen als Tape, u. A. bei Swarm of Nails.  


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Template:

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Sein erstes und bis 2011 aktives Solo-Projekt Template orientierte sich noch näher am Shoegaze, nicht zuletzt wegen Hoepffner's schwebenden Gesanges, der hier noch einen größeren Stellenwert einnahm. Mit beißender Elektronik wagt er sich bis in den Noisepop vor und schreibt zum Ende hin seiner "Third Hindsight EP" den passenden, düsteren Soundtrack seines Kopfkinos.







Dawnshape:

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Eine Band im Wandel: Bei Dawnshape schwingt Hoepffner die Drumsticks und verteilt Percussions. Mit ihrem Minialbum "We Couldn't Size.." probierte sich das Trio aus, bediente vom Alternative bis Electro, über Shoegaze und Dreampop bis hin zum Noiserock alles, was die Musikpalette damals hergab, inklusive der beiden Grunge-Songs "Prunus" und "Depicted Intimacy". Mit "Either This/Much Long" näherten sie sich dann mit verquerem Piano langsam den Electro und Minimal an, ehe man mit "Sparse Prism" wieder beim experimentellen Rock landete.  


Kid North:

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Französische Indierock-Band, mit mächtig Pop- und Danceappeal. Hoepffner, Dallou und Dawnshape-Sänger Antoine Ollivier stießen Mitte 2011 zu der bereits bis Dato drei Monate exisitierenden Band. Im Januar 2013 erschien ihr erster Longplayer "Atlas" über Tsunami-Addiction.







Time to Burn:

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In Paris stieß Hoepffner, der bei Time to Burn die Rolle des Bassisten einnimmt, auf drei wahrhaft unangenehme Zeitgenossen, mit denen er im Stile dessen Vorbilder Botch, Cult of Luna und Neurosis eine unaufhaltsame und unbarmherzige Walze über's Schlachfeld führt. Sänger und Gitarrist Eddy Duluc zeigt aber auch, dass sein rauhes Kehlchen wesentlich mehr ausspucken kann, als fieses Gekeife.

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Painting By Numbers:

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Hoepffner, Dallou und Ollivier zum zweiten Mal gemeinsam in einer Band. Das Trio hat nicht nur einen Song nach den Medienkünstler Matthew Barney benannt, sondern liefert mit ihrem bislang einzigen Output auch noch den passenden Soundtrack zu dessen experimenteller Aktionskunst und bedient sich dabei beim Mathrock, Avantgarde und Free-Jazz. "2008-2009" nahm Hoepffner selbst in seinem eigenen Feels-Like-Home-Studio auf, wo die neun Tracks live eingespielt wurden. 


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