Dienstag, Juni 10

Die Bandcamp-Punks Vol.21

Portree



Violá: hier habt ihr es, macht was draus! Drei-Song-Demotape draußen, noch ehe irgendwelche Bandseiten und -infos stehen. Für eine neue Band eine ziemlich selbstbewusste, wenngleich nachvollziehbare Herangehensweise. Schließlich wird viel zu oft bereits im Vorhinein um den heißen Brei geredet, geplante Veröffentlichungen aufgrund außerplanmäßiger Probleme verschoben, und so weiter. Wie viele Beteiligte sich nun also insgesamt bei der Münsteraner/Osnabrücker/Berliner Band Portree um die Instrumente streiten, kann ich nicht genau sagen. Anscheinend mischen hier aber bereits erfahrene Leute von Dramamine (höre HIER), Idle Hands (höre HIER & HIER) und Duesenjäger mit, aufgrund zuletzt genannter sie wahrscheinlich auch auf der Bildfläche von Grabeland Schallfolien auftauchten, das 100 weiße Tapes pressen ließ.
So mäandern die drei Debüt-Songs in konstruktiver Eigenwerbung durch dynamischen Post-Punk und plänkelnden 90er-Emo, irgendwo zwischen der Unbeschwertheit und dem Enthusiasmus von Algernon Cadwallader und Cap'n Jazz, und denen auch wegen der herrlich reduzierten Produktion ein nostalgisches Feedback nacheilt.
Schnell zugreifen, bevor Band oder Label tatsächlich noch auf die Idee kommen, direkte Werbung zu betreiben.

DL Demo Tape

Buy Here


Killer Jiller

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Weniger neue Akzente setzen, als vielmehr die Geselligkeit des (Hardcore-)Punks suchend, lautet die Devise auf Killer Jiller's Demo-Debüt "Geld macht arm". Das war schon so, bevor sich die fünf Berliner aus den Rippen ehemaliger Fetzen schälten. Vier Demosongs zählt die EP, die thematisch u. A. die scheinheilige Oberfläche des Christentums aufkratzen ("Braver Christ") oder dem Kapitalismus die widerspiegelnde Ödnis ausquetschen, und somit schonmal einen vagen Vorgeschmack auf das angekündigte Album geben. Kein neuer, dafür aber überzeugter, roher und herrlich aggressiver Punkrock, der vor allem live sicherlich die schäbige Masse anzuheizen weiß. Was Absichten darüber hinaus verfolgt, ist schlichtweg Luxus, der im ehrlichen Punk nicht's zu suchen hat.

DL Geld macht arm Demo


Verwahlost

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Etwas asozialer geht's bei den fünf mecklenburger Jungs von Verwahlost zu, was nicht nur dem Bandnamen (unter dem ursprünglichen Namen Sperrmüll gegründet), sondern vor allem ihrer kompromisslosen, antifaschistischen Street-Riot-Attitüde anzuhören ist. Damit setzt das Quintett im Umfeld des AJZ Neubrandenburg und somit inmitten regionaler Unruhestifter wie Schnurrbartkumpels, Gehacktes oder Schlingelz zwar keine neuen Akzente. Allerdings sagen sie, was gesagt werden muss, was gerade heutzutage vielleicht wichtiger denn je ist. So hört ihr Debüt-Album auf den Namen "Underworld", eine ehemals buntbemalte Baracke (siehe Cover) und beliebter Szenetreff, der im letzten Jahr einer Ortsumgehungsstraße weichen musste. Nebenbei rechnen Verwahlost mit Religion, Homophobie, Globalisierung und dergleichen ab, was letztendlich nicht nur in stumpfe Parolen ausartet, sondern wie beispielsweise die Songs "Fick dich Papst" oder "Symptome der Verzweiflung" zeigen, auch in treibenden Hardcore-Punk münden kann.

DL Underworld EP

DL Underworld Album


Blut Hirn Schranke

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Ja, für manche Menschen geht es im Moshpit bei einem Hardcore/Punk-Konzert offensichtlich um mehr, als nur die Musik. "Herdentrieb und Krieg", heißt es im einizigen deutschsprachigen Song "More Than Music" auf Blut Hirn Schranke's Debüt-EP, die darin ihren besorgniserregenden Blick auf jene wendet, die scheinbar von blinder Wut und Rage gesteuert auf alles und jeden in ihrer unmittelbaren Nähe einschlagen und -treten (siehe HIER das Youtube-Video zum Song). Wenn ich ehrlich bin, hätte ich der Band einen solchen Song nicht unbedingt zugetraut, sicher auch, weil ihr oldschooliger Hardcore-Punk vor allem die Moshfraktion anvisiert. Melodische Gitarren, zu denen man am liebsten die komplette Tanzfläche hoch und runter slizen würde. Fettes Riffing, das Armfreiheit fordert. Ein extrem wütendes Geschrei, das dich bei den E**rn packt und anschließend mitten ins Schlachfeld katapultiert. BHS sind aber eben nicht die Aggro-Prolls, für die man sie auf den ersten Blick halten könnte. Im Gegenteil. Viele ihrer Texte sind erstaunlicher Weise sehr persönlich gehalten, wodurch ihre Songs dann doch eher nachdenklicher wirken, als zum bloßen Ausgleichsventil zu mutieren.




Grossebombeallesweg

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Jetzt mal ehrlich! Eine Punkband, die auf den infantilen Namen Grossebombeallesweg hört und zudem vom Herzstück des Ruhrpotts ausgeblutet wurde, kann eigentlich gar nicht ungeschoren an Querkopf Maz vorbeiziehen. Ergo: Gemeinsamer Auftritt mit MKSIDH - check! Auf 50 Stück limitiertes Demotape inkl. Patch, zu finden im Spastic-Fantastic-Shop - check! Dass das Dortmunder Quartett, deren Mitglieder Anfang 2013 aus diversen Vor- und Nebenbands zueinanderfanden, auch noch old schooligen Hardcore-Punk, der sich für Rumpel- und Trasheinlagen nicht zu schade ist, fabrizieren, komplettiert die guten Dinge zum altbekannten Trio.




MT Bags

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Roughness und Melodie mit einem melancholischen Unterton. Auch nach mehrmaligen Hören, klingen MT Bags für mich noch nach der Quintessenz aus den beiden Punkveteranen Boxhamsters und ...But Alive. Darüber lässt es sich mit Sicherheit gut streiten, was den vier Osnabrückern wahrscheinlich aber auch nicht weiter stören dürfte, sofern sich die Leute überhaupt und längst überfällig mal ihr Hirn über die Band zu zermatern. Verdient hätten sie es, denn ihr Debüt-Demo "Mimikry" wirft acht selbstbewusste Punknummern in den Raum, die sich offenherzig und selbstkritisch mit gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Wenn dem Ganzen nebenher auch noch so spritzige Outfits wie das wavige "Guter Freund #1", "Quit" oder "Alt" übergestreift wird, um so besser.

Ein ebenfalls tolles Outfit, verpasste die Band den physischen Exemplaren ihres Debüts, wobei sie die selbstbesprühten CDr's samt gefalteten Textblättern in DVD-Boxen unterbrachten. Für lasche drei Ocken!

DL & Buy Mimikry DIY-CD-Box


Nasty Pack


Hinter der hier vorgestellten Gruppe verbirgt sich weder ein Freizeit-Footballteam, noch eine ominöse Vereinigung "gestandener Männer". Die Leipziger Band Nasty Pack lässt auf ihrem Demo-Debüt dennoch gewaltig die Muskeln spielen - auf musikalischer Ebene. Astreiner, englischsprachiger Hardcore-Punk, der voll auf die Zwölf geht und gleich zu Beginn mit dem unerschöpflichen "dis/belief" durchbrennt. Das folgende "no way out" geht mit gniedelnden Gitarren direkt in die Breitbeinstellung über und heizt mit wütenden Gangshouts ein. Auch mit "getting older" und "nightmares" schwafeln Nasty Pack nicht lange drum rum, zeigen sich chorverliebt und verweigern, trotz vorhandenen Potentials, den Einzug ins Stadion. Da, wo Punk ja eigentlich auch nichts zu suchen hat.

DL Demo


From the Sidelines

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Mit dem Emo-Punk-Popcore ihrer selbstveröffentlichten Debüt-EP "Highkicks + Cartwheels" (2011) und dem mehr in Richtung Pop-Punk/Easycore steuerndem Album "Everybody Loves a Comeback" (2012, ebenfalls in Eigenregie), hatten sich die vier Chicagoer Jungs von From the Sidelines im Rahmen einer Selfmade-Band eigentlich schon eine solide Fanbase erspielt. Dass sie den Stempel eines Ablegers von Genregrößen wie Fall Out Boy, Veara, The Academy Is... oder All Time Low aufgedrückt bekamen, war trotz hörbarer Spielfreude keine allzu große Überraschung. Ein Umstand, den die Band mit einem Augenzwinkern in ihrem Namen vielleicht sogar schon vorwegnahm. Dennoch zogen From the Sidelines nach ihrem Album einen Strich, riefen die kostenlosen Downloads ihrer beiden Releases von sämtlichen Plattformen und Blogs zurück (auf 7digital, iTunes, Amazon, usw. sind Album und EP nach wie vor kostenpflichtig erhältlich) und läuteten mit der jüngst erschienenen "Burnt Out"-EP den angekündigten Neuanfang ein. Statt jedoch alles Bisherige komplett umzukrempeln, erweisen sich die vier neuen Songs eher als kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer vorherigen Releases. Das eingangs erwähnte Suffix "-core", das bereits auf dem Album nur noch sporadisch zu finden war, ist nahezu vollständig weg. Stattdessen gibt's mit reichlich teenage angst angereicherten, schnörkellosen Pop-Punk, der sich einer soliden Produktion erfreuen kann. Nicht mehr und nicht weniger.




Außerdem


Edgar R.

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Eine Band aus dem hohen Norden Deutschlands, die sich ihren eigenen Sound aus den Bausteinen Punkrock, Indie, Emo und Post-Hardcore zusammenbastelt, wird wohl nur schwer an den Vergleichen zu Referenzbands wie Turbostaat, Love A oder Frau Potz vorbeikommen. Vor allem dann, wenn man auch noch im Vorprogramm von Turbostaat's Releaseshow zu deren letzten Album "Stadt der Angst" spielt und das Debüt-Demo im Raum007-Studio produzieren lässt, wo eben auch schon Frau Potz zu Gast waren. Zwei Fakten, von denen sich nun schonmal vorweg die Qualität des Schleswiger Trios Edgar R. ablesen lässt. So beginnt ihre Demo-EP "Ist das euer Ernst?" - von Helge Albrecht (Schlagzeug, Gesang) und Daniel Carstensen (Gitarre, Gesang) noch als Duo eingespielt - mit dem eingängigen "Mecklenburg-Vorpommern", das mit einprägsamen Refrain und wütender Zweitstimme sofort zu begeistern weiß. Auch das folgende "Grauer Star" wird von einer treibenden Rhythmussektion angefeuert, ehe der dritte und letzte Song "Schmökel hat's vergessen" mit plötzlichen Tempowechseln für mehr Abwechslung sorgt. Jetzt gilt es eigentlich nur noch, dieses Niveau auch auf Albumlänge auszudehnen.

Edgar R. sind Mitglied des 2012 gegründeten Künstlerkollektives SLHK, dem u. A. auch die Post-Rocker Foxchasesgirl, die Alternative-Band Terminal sowie das Soloprojekt ihres Frontmannes Leif Marcussen, angehören. Die Releases der beteiligten Bands sind auf der Bandcamp-Seite des Kollektives zu finden.


Buy CDr via Mail to: edgarr.booking@gmail.com


 Specht Ruprecht

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Der Bandname nimmt es bereits vorweg: Specht Ruprecht sollte man schon mit einem Augenzwinkern gegenübertreten. Wer bereits zuvor mit Affenmesserkampf oder Antitainment den freigeistlichen Umgang mit dem Punkgenre pflegte, dem wird auch der äußerst sprunghafte Hardcore/Punk/Metal-Misch-Masch des Erfurter Quartetts nicht so schnell aus der Bahn werfen. Angereichert mit reichlich Dada, entspringen die Texte zumeist persönlichen Erfahrungen, die sich neben musikalisch akrobatischen Pendelläufen auch gerne mal in eingängige Melodien entladen. So bietet das Kopfnicker-Riff in "klassenkasper" einen ebenso großen Unterhaltungswert, wie der an Pascow erinnernde Refrain in "günstig preiswert billig". Der Möchte-Gern-Rap in "prima ballerina" hingegen, ist mindestens genauso dick aufgetragen, wie der schmalzige Indiepop-Ausflug in "gebrüder rohrspatz". Tja...da sieh mal einer an, was man aus Punk so alles machen kann.

Wer es etwas geradliniger und mit wechselndem Männlein/Weiblein-Gesang mag, kann sich auch auf die Suche nach den rar gesähten Releases der Quasi-Vorband Slashdpeach begeben.




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