Mittwoch, Januar 22

Der Bandcamp-Hardcore Vol.21


VYST


Was tun, wenn die Erde aufbricht und aus den finstersten Untiefen ein grollendes Monstrum emporsteigt, angetrieben von Hass und Frustration, erbarmungs- und emotionslos alles überrollend, was sich nicht schnell genug retten konnte. Wer die brutalen Angriffe der Vorbooten Perth Express, Glasses und Throwers überlebte, steht nun also machtlos dem Endgegner gegenüber. VYST aus Leipzig machen keine Gefangenen, noch werden sie am Scheideweg um Vergebung betteln. Dort, wo der Mensch trotz zahlreicher Mahnungen seine letzte Chance verspielt hat, gibt es eben nichts schönzureden. Ein pessimistisches und düsteres Hardcore-Gebräu, mal schleppend im Sludge-Sumpf versinkend, durch fiesesten Crust berstend oder mit antreibenden Gitarren durch stürmische Hardcore-Punk-Melodien brechen.
Das 2009 gegründete Quartett kam bislang auf ein Demo, der Debüt-LP "Try Again. Fail Again. ...", die 2013 von Vendetta Records neu aufgelegt wurde, und ihrem bis dato letzten Output "Bad News Travel Slowly", das zu einer schicken 12" mit B-Seiten-Siebdruck gepresst wurde.



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Neil:

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Wollen die etwa nicht gefunden werden? Ja gut, Bühnen bauen sich nunmal nicht von selber auf und Konzertveranstalter können sich vor Anfragen aus dem Untergrund kaum noch retten. Von daher sind kleinere Supportgigs für mehr oder weniger bekannte Szenegrößen wie Grand Griffon und Jackals sicherlich schonmal ein Anfang. Dass sie sich, neben der rar gestreuten Internetpräsenz, aber auch noch einen dermaßen ungoogelbaren Bandnamen verpassten und diesen lediglich mit dem Tag "Akustik" bekleideten, bleibt etwas rätselhaft. Kein Wunder also, dass die favorisierte Suchmaschine bei dementsprechende Anfragen die Bandinfos zum Dresdner Duo Neil zu Gunsten der beiden Singer/Songwriter-Legenden Young und Diamond verdrängt. Wer dennoch zufällig mal über Neil (die Band) stolpern sollte - z. B. über den Free Download ihrer Drei-Song-EP auf Bandcamp - , darf spitzohrig lauschen, wie abwechslungsreich sich akustischer Screamo gestalten lässt. Hauptakteur ist dabei ganz klar die Klampfe, die sich im melancholischen Reigen entfaltet oder mit aufwühlenden Riffs das Geschreie anfeuert. Und wenn sich im Song "Wenn der Nebel bricht" noch ein bestürztes Keyboard hinzugesellt, dann gibt das summa summarum eine höchst interessante Mischung ab.
Ihre Debüt-EP "Welt ohne Gesicht" veröffentlichten die beiden letztes Jahr in Eigenregie auf Tape (in aufwendig gestalteter Holzhülle) und als CD, die vorrangig auf Konzerte verteilt werden.



Aslov Kinski:

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Und weil's dort so schön ist, bleiben wir in Dresden und werfen einen Blick rüber zu den vier Jungs von Aslov Kinski. Die 2009 gegründete Combo ist beim Zittauer Label Heads Down Records unter Vertrag, das 2011 ihr Quasi-Debüt "[feik]" auf grünem Vinyl veröffentlichte und wo die Band derzeit an neuen Songs arbeitet. Und wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, der hatte das Glück, sich eines der streng limitierten, selbstgebastelten Split-Tapes mit den Indie-Mathrockern At Chaos End (ehemals Salut, Christian!) zuzulegen. Wer erst einmal Probehören will, kann sich das rauhe Proberaum-Demo "Zebra" und die 12" "[feik]" kostenlos bzw. letzteres gegen eine Spende downloaden. Auf die Ohren gibt's reichlich, düster angehauchten, Post-Hardcore mit Screamo-Einschlag, der sich inhaltlich gegen gesellschaftlich-politische Miszstände auflehnt. Die sphärisch anschwellenden "Die Zustandsbeschreibung" und "Diese Selbstverständlichkeit" offenbaren gar einen verschleierten Post-Rock-Gedanken, ehe die Songs doch mit voller Wucht in die bereits vorhandene Kerbe schlagen. Reason to Care- oder Kosslowski-Anhänger sollten einen Lauschangriff wagen.


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Columbo:

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Leute, festhalten! Das hier bläst einen regelrecht das Hirn weg. Das Leipziger Quartett Columbo zermatert jeglichen Harmoniegedanken mittels pfeilschnellen und keifenden Hardcore-Trash-Punks. Eine Mischung aus Charles Bronson und D.R.I. (so ursprünglich wohl von 911Trash umschrieben), aufgrund ihrer garstigen Frontfrau Katja vielleicht noch ein bisschen Melt Banana mit drin. Kein Wunder also, dass die Band bei dem sympathischen Trash-Label Knochentapes untergekommen ist, das die beiden EP's "Halbmast" und "Cops on LSD" auf ein Split-Tape vereinte, welches schließlich auch im Distro von Spastic Fantastic landen musste. Derzeit suchen Columbo noch händeringend nach Sponsoren für die Split-7inches mit den nicht weniger chaotischen Trash-Punks RunTimeError und ihren letztjährigen Tourpartnern Alien Placenta. Darüber hinaus sind sie auf den von Knochentapes und Puzzle Records gemeinsam produzierten Sampler "There is No Way Out Vol.3" (Spendendownload HIER) vertreten, der mit 41 Songs sogar unseren Sampler übertraf.


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Take This Town:

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Ohne Fleiß, kein Preis. Take This Town debütierten Ende 2012 mit der EP "Pulse" und schafften es durch viel Eigeninitiative auf einige lohnenswerte Supportgigs. Dabei dürfte das Quartett aus dem ost-bayerischen Landkreis Cham mit seinem mathigen, teils noisigen Hardcore nur eine kleine Zielgruppe ansprechen, die sich inmitten des zermürbenden, dennoch nicht unstrukturierten Lärms von Dillinger Escape Plan oder Norma Jean wohlfühlt. Noise ist eben nur für Diejenigen unerträglicher Lärm, deren Ohren nur eingängige Melodien aufnehmen und im Innern verarbeiten können. Take This Town widerum, sind eingängige Takte auf Songlänge einfach mal viel zu langweilig, weshalb die vier Jungs diese des Öfteren wechseln oder den satten Riffs ein paar schneidende Gitarren unterjubeln. Klingt fett, wenngleich stellenweise auch noch nicht ganz ausgewogen.



Le Dead Projet:

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Mit dem Pariser Quartett Le Dead Projet, das sich aus ehemaligen Mitgliedern von Comity, Stupid Einsteins Trapped at Their Own Relativity und Msieumo zusammensetzt, untermauert Frankreich erneut seinen Sonderstatus in Sachen Hardcore. Vielleicht auch, weil dort weniger Gedanken daran verschwendet werden, in welche Ecke man das Ganze nun stecken muss. "Keep on Living", das zweite Album der Band und vom Gießener Label Dingleberry Records auf 300 rote LPs gepresst, endet dennoch in keinem sturen Drauf-Los-Gebolze. Vielmehr ist es eine Symbiose aus atmosphärischen, stellenweise fast post-rockigen Soundscapes, chaotischen Seitensprüngen und fiesem Post-Hardcore-Gekeife, die sogar mit einigen melodischen Rockmomenten überrascht. Ganz schön viel auf einmal. Und wer sich nur schwer darunter etwas vorstellen kann, hier die Kurzfassung: man stelle sich vor, Converge und Isis würden - warum auch immer - gemeinsam in einen Schmelztiegel fallen... . Für den dreckigen und scheppernden Sound, dürfen sich Le Dead Projet beim französischen Albinist Sylvain Biguet (Comity, As We Draw, etc.), der sich auch schon für die Live-Aufnahme und das Abmischen des Vorgängeralbums "Ailleurs d'oú Je Séche" verantwortlich zeichnete, und "Mastering"-Mind Alan Douches (Kvelertak, Mastodon, Converge, etc.) bedanken.
Letztes Jahr gab die Band ihr bereits vorangekündigtes Aus bekannt. Mit FEIV, Miles Oliver, Reign und No Place Like Road widmeten sich die Mitglieder bereits neuen, äußerst vielseitigen Projekten.


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Harris Trynsky:

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Nach den zuletzt fröhlich gestimmten Pop-Punk-Erscheinungen Glorious Thieves und Irish Handcuffs, ist es nun mal wieder an der Zeit, sich der Sonnenseite des Lebens abzuwenden. Die herrlich angepissten Blackstone aus dem musikalisch aufstrebenden Städtchen Regensburg malen bereits vier Jahre lang ihre oldschooligen Hardcoresongs schwarz aus. Mit Harris Trynsky - angelehnt, aber dennoch nicht zu verwechseln mit dem nerdigen Guru Harris Trinsky aus der US-Serie "Freaks and Geeks" (zu Deutsch: "Voll daneben, voll im Leben") - folgt nun eine noch junge und nicht weniger ambitionierte Band, die den Menschen als größte Gefahr für unsere Existenz und das Fortbestehen unserer Erde ausmacht. Auf ihrer digital erschienenen Debüt-EP "Letztendlich Mensch", verpacken sie die Tristesse und Ausweglosigkeit in fünf düstere Songs, die sich nicht selten im Midtempobereich aufhalten, aber auch durchaus zum antreibenden (Post-)Hardcore-Punk anschwellen können, wie z. B. das mitreißende "Zug der Asche" eindrucksvoll zeigt. Leider hat sich auch diese Band mittlerweile dazu entschlossen aufzuhören. Gitarrist Chris hat mit den hoffnungsvollen Rivers & Tides immerhin schon eine neue Beschäftigung gefunden.



John Locke Can Walk:

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"Bei der Schwäche der menschlichen Natur, die stets bereit ist, nach der Macht zu greifen, würde es eine zu große Versuchung sein, wenn dieselben Personen, die die Macht haben, Gesetze zu verabschieden, auch noch die Macht in die Hände bekämen, diese Gesetze zu vollstrecken." Dem englischen Philosophen und Aufklärungsvorreiter John Locke nach, kann eine Regierung nur dann zulässig sein, wenn das zu regierende Volk mit ihr einverstanden ist und sie die Grundrechte Leben, Freiheit und Eigentum schützt. Andernfalls hätte das Volk ein Recht auf Widerstand. Jeder kann für sich selber beurteilen, inwieweit diese Vernunftsklausel im Hier und Jetzt ihre Anwendung findet. Das Leipziger Quintett John Locke Can Walk vertritt dazu eine eigene Meinung: "No Border! No Nation! No Government!", heißt es gleich mal im Opener "Nomansland" ihrer zweiten EP "Destiny Calls". Allerdings entpuppt sich ihr kompromissloser Hardcore-Punk keineswegs nur als stures "Geballer". Stattdessen gibt's mitreißende Hooks, die von satten Breakdowns aus der Ruhe gerissen werden, auf die Ohren. Ihre Debüt-EP "Walkabout" erschien in dreimaliger Tape-Auflage und auf CD über ErrorEnt. (allesamt ausverkauft). Wer ein "Destiny Calls"-Tape ergattern möchte, muss auf die zweite Auflage warten.
P.S.: Es ist wahrscheinlicher, dass sich die Band ihren Namen von der TV-Serie "Lost" entlieh. Dort spielt der Schauspieler Terry O'Quinn die Rolle des Jonathan "John" Locke. "Walkabout" bezeichnet in diesem Zusammenhang die vierte Episode der ersten Staffel, während "Destiny Calls" ein Special zum Auftakt der fünften Staffel darstellt.

DL Live im Reil 78 am 25.01.2013


Arctic Shore:

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Sind wir mal ehrlich. In der letzten Zeit gab es wirklich eine Menge junger Hardcore-Bands, die nervenzerrend um unsere Aufmerksamkeit und Geduld buhlten. Die 2013 formierte Hamburger Band Arctic Shore stellt das Experiment mal beiseite und bietet vielleicht auch deshalb eine willkommene Abwechslung im anderen Sinne. Bei Themen, die gesellschaftliche, soziologische und ökologische Miszstände an den Pranger stellen, muss man dabei nicht einmal vollständig das Hirn abstellen. Allerdings läuft das pragmatische, fast schon routinierte Zusammenführen von treibenden Hooks, wuchtigen Breakdowns, schneidenden Gitarren und der Wechsel von Geshoute zu flehendem Clean-Gesang auch mal schnell die Gefahr, von der Ernsthaftigkeit abzulenken. Das Quintett selbst sieht sich von Melodic-Hardcore-Pioniere wie Hundredth oder Stick to Your Guns beeinflusst, vor allem aber durch den nicht gerade kleinen Metalcore-Anteil, dürfen Bullet For My Valentine in dieser Aufzählung nicht fehlen. Das kann man so oder so sehen. Ich denke, die machen das ziemlich gut und für ein Debüt-Release hat es auch noch ordentlich Groove. Mit einem eventuell bald folgendem Album müssen sie halt nur aufpassen, nicht spurlos in der breiten Masse zu verschwinden.



GERANIÜM:

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Vorsicht, festhalten! Hier kommt der Soundtrack zum Film "Vom Sturme weggeblasen". Die Hauptrollen übernehmen die vier Straßburger von GERANIÜM , die neben einer Tour-Demo und zwei Split-7inches, 2012 mit ihrem Debüt-Longplayer an den Start gingen. Darauf kreiert das französische Quartett ein ultrabrutales als auch kongeniales Crust-Schlachtfest und trifft mit messerscharfen Riffs und hämmernden Drums auch gleich mal die Wahl der Waffen. Untermalt mit düsteren Melodien, von denen man hingebungsvoll verschlungen wird und aufgewühlt von einer Aggressivität, die ansteckend ist. Auch wenn sich mit Alpinist und Downfall of Gaia sicherlich einige Vergleiche zu deutschen Artgenossen ziehen lassen, prinzipiell gilt: die Franzosen spielen in ihrer eigenen Liga. Zum Glück auch mal außerhalb von Paris.

DL Split 7" /w Finsterre -> A-Seite///B-Seite

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or via Mail to: lubic23@hotmail.com


Parasight:

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Crust, Punk, D-Beat und weiß der Teufel, was da noch alles so den Hardcore-Highway mit Voll Speed heruntergerauscht kommt, das nach Schweden klingt, in Wahrheit aber über die Stadtgrenze der Dänischen Hauptstadt Kopenhagen herübergeschwappt ist. Mit ihrem Debüt-Release "Moral Recession" landeten die vier Rowdys von Parasight gleich mal beim beheimateten Label What Happened To The Reason For Screaming Records, das mit seinen fünf Songs und etwas mehr als elf Minuten Spielzeit leider viel zu kurz geraten ist. Unglaublich diese unerschöpfliche und roh gebündelte Energie, verpackt in Nonstop-Destruction-Arnie-Action. Ja, bei so viel Hirn-Raus-Geballer kann man schnell wieder zurück in jugendlich naive Euphorie verfallen. Meine Kaufempfehlung!!! Im Februar gibt's mit dem ersten Full Lenght "Munden Fuld Af Løgn, Lommen Fuld Af Profit" dann 'nen gehörigen Nachschlag.


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