Donnerstag, Oktober 31

Torpedo Holiday


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Torpedo Holiday basteln sich ihr Grundgerüst aus den Bausteinen Screamo, Punk und Post-Hardcore zusammen und befinden sich somit inmitten einer riesigen Baustelle, die in den letzten Jahren viele Arbeitnehmer hat kommen und gehen sehen. Einige - vor allem die, die sich mit viel Eigeninitiative und Kreativität einbrachten - hielten durch, anderen fehlte es schlicht an Eigenständigkeit und Ausdauer. Und viele mussten schließlich vor ihrer D.I.Y.-Ethik kapitulieren, da der Mindestlohn irgendwann den Kosten- und Zeitfaktor nicht mehr abdecken konnte. Aufgrund dieser hohen Fluktuation kann es durchaus sein, dass Torpedo Holiday bislang spurlos an einem vorbeigezogen sind. Eine Band, die sich seit Frühjahr 2011 mit nicht weniger Problemen herumärgern musste, nach einem langen und mühsamen Einstieg es Ende 2012 aber schließlich doch zu ihrem Debüt-Release schaffte. Allerdings fordern die fünf Hamburger auf dieser nun auch Durchhaltevermögen vom Hörer ein. "Haut euch selber", der erste Song ihrer unbetitelten 7inch, ist ein unverkrampfter und erschöpfender kleiner Screamo-Hit. Um nun aber zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man sich erst einmal durch ein Labyrinth arbeiten, dass einen mit gezielten Indie-Finten mehrfach versucht in die Irre zu führen. Ähnlich gestrickt ist auch das darauffolgende "Partiell in hell", der sich die treibende Melodie für den Schluss aufhebt, nachdem er zuvor versuchte die Eingängigkeit mit einigen spontanen 180°-Drehungen abzuschütteln. In diese Vertracktheit versuchen Torpedo Holiday nun ihre anklagenden und verzweifelten Texte zu pressen, die man allesamt unter dem Motto Es wird sich nichts ändern, solange du dich nicht selbst bemühst, zusammenfassen kann.
Im Sommer dieses Jahres steuerten sie vier neue Songs zu dem gemeinsamen Split-Tape "melo/vulpo" mit der spanischen Band Allfits (Free Downloads HIER) bei, die zwar nicht mehr den Überraschungseffekt ihres Debüts hinter sich stehen haben, aber dennoch darum bemüht sind die Spannung aufrecht zu erhalten. Und dass sich Gegensätze scheinbar doch anziehen, stellen Torpedo Holiday nicht nur mit ihrer Musik unter Beweis, die auf "melo/vulpo" einen großen Schritt Richtung Post-Hardcore macht, sondern auch mit der Wahl ihres Split-Partners. Deren post-rockiger Indie-Shoegaze wiederum peilt zwar eine vollkommen andere Zielgruppe an, wirkt aber dennoch nicht fehl am Platz.
Das Split-Tape erschien über das kleine Leipziger Tapelabel HugMe!DIYrec. und ist in der Erstauflage bereits ausverkauft. Die zweite Auflage kann ab sofort vorbestellt werden.

P.S.: Mit den Wuppertaler Post-Emo-Punks Favorit Parker (höre HIER) haben sie sich anscheinend bereits einen zukünftigen Split-Partner erspäht.



DL "Melo/Vulpo" Split-Tape /w Allfits
DL Untitled 7"
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Dienstag, Oktober 29

Operators - A Pterodactyl-Call from the Underground


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Es gelingt nicht jeder Band, eine Vielzahl beteiligter Musiker zu beschäftigen. Ja gut, Slipknot zählen derzeit acht Mitglieder, zwei mehr, als die Berliner Band Operators aufweisen kann. Allerdings brauchen diese auch keinen psychisch gestörten Clown als Publikumsanheizer, denn dafür reicht den Operators allein ihr schweißtreibender Heavy-Stoner-Rock aus, mit dem sie seit 2009 jede erdenkliche Spelunke im Berliner Szenegrund und Umgebung in eine Saunalandschaft verwandelten. Dass hat ihnen nicht nur viel Aufmerksamkeit, sondern auch Anerkennung eingebracht, sodass sie den Status eines Geheimtipps mittlerweile weit übertroffen haben.
2011 debütierten Operators mit ihrem S/T-Album, das nach dem ehrlichen Handwerk nicht älter gewordener Rockurgesteine klingt, wie wir nun aber besser wissen von sechs jungen Männern stammt. Der mit mächtig aufgeblasenen Cochonis aufstampfende Opener "Rock'n'Rollercoaster" macht seinen Titel fett groovend zum Programm, offenbart inhaltlich aber eben auch nicht wesentlich mehr als: "It's a rocknroll, it's a-rockin, it's a rocknrollercoaster". Was aber auch gar nicht weiter schlimm ist, denn im Gegensatz zu beispielsweise den Scorpions, die 2010 mit Songs wie "Raized on Rock", "Let's Rock" oder "Spirit of Rock" geständnislos ihr kreatives Aus bekannt gaben und nichts weiter als Fremdscham hervorriefen, kauft man den Operators ihre Leidenschaft zum ROCK jeder Zeit ab. Und dass liegt eben auch daran, weil sie sich trotz klarer Zielstellung nicht am manifestierten Songskelett festbeißen, stattdessen immer wieder ihre energetische Spielfreude freien Lauf lassen, wie bereits das darauffolgende "January Blues" unmissverständlich klar macht, indem sich Gitarre und Orgel ein spannendes Battle liefern. Dass den Operators neben einer groß aufgestauten Portion Testosteron auch etwas LSD durch den Venen schießt, zeigt der Song "Pig & Pepper". Ein Song, der fetzig groovend aus den Startlöchern kommt, bis er sich zur Mitte hin immer mehr in seine einzelnen Teile zerlegt und nur noch von einer warmen Orgel am Leben gehalten wird, fast wie am seidenen Faden, und im Endspurt dann plötzlich doch noch mal die komplette Bühne zu Kleinholz verarbeitet. Und spätestens wenn sich danach das schizophrene "Danish" durch die Gehörgänge fräst, verdichten sich die Gedanken, dass einige Sinne der Band beim Einspielen ihrer Songs womöglich einer sonderbaren Wahrnehmung unterlagen. In diesem Sinne (haha) zieht auch "Beaches" den Hörer in einem hypnotischen Strudel hinab in die fabelhafte Leichtigkeit des Seins und würde ihn wahrscheinlich von dort auch nie wieder weg lassen, würde der Song schließlich nicht doch noch nach 7:45 Minuten gemächlich austrudeln.
Kaum zu glauben, dass man dermaßen gute und zugleich routinierte Musik auf einem Debüt-Album, dass zu alle dem auch noch komplett in Eigenregie entstand, finden kann. In diesem Jahr folgte eine neue Drei-Song-Demo, die es auch gleich mal zum Demo des Monats in der Visions geschafft hat. Und da diese vorab als Anheizer für ihr neues Album "Contact High" ins Rennen geschickt wurden, dürfen wir dem offiziellen Release von Operators' zweitem Album mit viel Vorfreude und Spannung entgegen fiebern. Während ihrer vergangenen Release-Tour im Oktober (gemeinsam mit Neume) konnte man "Contact High" bereits als CD abgreifen. Über das kleine und sympathische Stoner-Rock-Label Fuzzmatazz Records soll demnächst auch eine Vinyl-Version erscheinen.


Stream & Buy Digitally "Operators"

Sonntag, Oktober 27

Zelinka - Bluesrock-Fusion-Jazz mit Ostrockerfahrung


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Die Flut an sogenannten Retro-Bands will und will einfach nicht abreißen. Einige kommen aus dem Nichts und verabschieden sich innerhalb kürzester Zeit wieder ins selbige, ohne dass jemand großartig Kenntnis von ihrer Existenz genommen hat. Andere wirken einfach bloß wie eine blasse und ideenlose Kopie. Die Schweden Graveyard oder die neu aufstrebende Berliner Band Operators wiederum sind zwei hervorragende Beispiele dafür, dass der Retro Rock durchaus seine Daseinsberechtigung im Hier und Jetzt begründen kann.

Hard Rock, dass ist doch dieser schwammige Begriff, mit dem fälschlicher Weise oftmals auch versucht wird den Grunge oder Industrial zu erklären, in dessem dichten Wurzelgeflecht aber vielmehr Rock'n'Roll, Psychedelic- und Bluesrock hängen geblieben sind. Man stellt sich drahtige, alte Männer vor. Mit langen Haaren, die von einem Kopftuch zusammen gehalten werden, und mit Zauselbart. Und mit Schlagjeans, die nur an den Stellen eng anliegen, die es im ROCK besonders zu präsentieren gilt. Passend dazu natürlich die aufgeknöpfte Jeansjacke, vorzugsweise in der Farbe blau.

Die Band Zelinka wurde 2010 vom Gitarristen Bernd Fleischer ins Leben gerufen, der etwas später noch den Bassisten Torsten Großmann und Schlagzeuger Kay Rohr mit ins Boot holte. Und bevor jetzt alteingesessene DDR-Rock-Hörer angestrengt Löcher in die Blumentapete starren - ihr könntet diese Namen tatsächlich schon mal gehört haben. Fleischer z. B. kennt man von den ehemaligen Ostrockern Berluc und Großmann vom Leipziger Studioteam. Gemeinsam spielten die beiden bereits bei Brigitte Stefan & Meridan. Nach der Wende hielten sich alle drei Musiker in diversen Tribute- und Coverbands wie P70, Krause Band, Mad Doxxx oder Breakfast in L.E. fit. Zusammen kommt die Band somit auf über 90 Jahre Bühnenerfahrung, aus der das Leipziger Trio auf ihrem selbstbetitelten Debüt-Album auch kein all zu großes Geheimnis machen will. Hinter Zelinka verbergen sich also keine jungen Burschen mehr, die auf Alte-Männer-Rock machen, sondern die tatsächlich schon so alt sind. Der Opener "Catacomb" positioniert sich dabei schon mal fett groovend in Breitbeinstellung, zumindest soweit es die eng anliegende Jeans zulässt. Aber entfernen wir uns an dieser Stelle mal lieber vom obrigen Outfit-Klischee des Hardrockers. Zwar sind die drei Beteiligten allesamt Männer gestandenen Alters, die sich dennoch keine Klamotten überstreifen, die sie extra für ihre Bühnenperformance aus der staubigen Holztruhe gekramt haben, die unberührt schon seit über dreißig Jahren auf dem Dachboden steht. Für ihren bluesigen Instrumentalrock gilt dies natürlich nur bedingt. Spielt sich Fleischer beispielsweise im Song "Chill Out" einsam und fast schon manisch in Ekstase, muss prekaristisch auch der Name Buchanan fallen, den man allerdings gefühlt in fast allen ausufernden Bluesrockbands hören kann, wenn man denn will. "Zelinka" ist aber keineswegs die erwartete One-Man-Show von Fleischer geworden. Ein Song wie "Toxic" könnte sich so nämlich nicht übermäßig lange über Wasser halten. Hier ist es vor allem das Schlagzeug, dass die wilden Jam-Eskapaden immer wieder zurück zu glasklaren Strukturen führt, aber auch hervorragend durch das kurze Jazz-Intermezzo geleitet. "Toxic" gehört übrigens auch zu der Sorte Songs auf dem Album, die man - auch ohne großartigen Singer/Songwriter-Talent - hypothetisch mitsingen könnte. Für "Room No. 15" zum Beispiel würde eine sinnfreie Textzeile wie "Bam ba Lam" vollkommen ausreichen.

Fast 48 Minuten dauert das Album, das ab der Mitte zunehmendst verspielter aber auch technisch versierter wird und seinen Fusion-Rock immer mehr Ausflüge in den Jazz gestattet. "Zelinka" ist somit ein doch abwechslungsreicheres Album geworden, als sich am Anfang vielleicht noch Gegenteiliges befürchten ließ. Ein perfekt harmonisierendes Resultat aus ehrlich erlerntem Handwerk und freigeistlicher Experimentierfreudigkeit, trotz einiger Überlängen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. 


Stream S/T Album

Freitag, Oktober 25

Beach Ghettö Unicörns & Creaky Planks feiern gemeinsam ihr erstes Release


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Geht es im Punk nicht auch immer ein Stück weit um Freiheit? Oder sich über gesellschaftliche Normen hinwegzusetzen? Wenn ja, sind Beach Ghettö Unicörns wohl die Anarchisten ihres Fachs, die sich einen Dreck um die Meinung der Anderen scheren, ihren Alltag mit Gelegenheiten auffüllen, die sich gerade vor ihnen auftun und das Leben so nehmen wie es kommt. Hinzu kommt ein Debüt-Release, das unvollkommener nicht hätte sein können, vor allem wenn man bedenkt, dass es die Band bereits seit sechs Jahren gibt, von denen drei in ein schwarzes Loch gefallen sind (zumindest wenn es nach Facebook geht, denn viel mehr Quellen wird man nicht finden). "Pregnant Seagulls" in etwa, bedient von dilettantisch bis dadaistisch jede Form des schlechten Geschmacks und rückt mit seinem schiefen Duett-Gesang sogar den No Wave ins Scheinwerferlicht des Mainstreams. Die treibende Melodie hinter "Role Model Complete" katapultiert den Hörer unweigerlich ins Sommercamp in Eagle River, bis es einem schlussendlich doch wieder die Sprache verschlägt und selbst von ganz tief unten aufkommende Referenzgedanken zu Blink im Rückwärtssalto wieder herunter geschluckt werden. Ausgerechnet der Opener "This is Where the Energy Comes from" löst sein titelgebendes Versprechen ein und ist zudem Zeugnis dafür, dass hier eben keine Dilletanten zu Werke gehen. Mit diesem Song im Hinterkopf lassen sich auch die übrigen Songs mit ganz anderen Ohren hören, wie beispielsweise "Pets and Teens", der sich mit viel Drive zu einer starken Melodic-Punk-Nummer hochschaukelt oder auch "Goat Dance", der mit seinem Spaßfaktor die ausklingende Hausparty noch mal anzufeuern weiß.

Um ihre EP "Friskier Benefits" auch in physikalischer Form an den Mann zu bringen, gründete das Duo kurzer Hand ein eigenes Label. Das spart nicht nur Zeit für unnötiges Hausieren ein, sondern bietet auch noch den Vorteil, die eigene Musik passend anzukündigen. Und sind wir mal ehrlich: Creaky Planks presents Beach Ghettö Unicörns klingt doch wie gesucht und gefunden, oder? "Friskier Benefits" erscheint demnach als vinyl-looked CDr und auf weißem Tape, beide Varianten mit DLC, handnummeriert und auf 50 Stück limitiert. Das Tape enthält zusätzlich noch den Bonustrack "Reprise".
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DL Friskier Benefits EP

Mittwoch, Oktober 23

Der Bandcamp-Hardcore Vol.18


Sailing On:

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"How thin is the line between life and death", brüllt Sailing-On-Frontfrau Caroline mit der ersten Zeile des Songs "Aokigahara" fast schon verzweifelt ins Mikrofon. Der Song ist nach einem sagenumworbenen Wald in Japan benannt, der nach einem 1960 erschienenem Roman zum landesweiten Mekka für Selbstmörder avancierte. Schon das Intro ihrer "Hinterland"-12" macht klar, dass Sonnenstrahlen hier erst dann wieder den Boden berühren werden, wenn der Mensch aus seinen Fehlern gelernt hat. Und da das noch ein Weilchen dauern kann, rollt das Karslruher/Heidelberger Quartett bis dahin erst einmal einen kratzigen Teppich aus Tristesse und Düsternis aus. Ein depressives und brachiales Monstrum aus Post-Hardcore, Crust und Punk, dass sich allerdings melodischer gibt als die bereits tolle Debüt-EP. Leider war nach ihrem zweiten Release und einigen Konzerten im letzten Jahr schon wieder Schluss. Drummer Daniel hat mit Sleep Kit immerhin schon eine Folgeband, während Caroline jüngst als Gastsängerin auf dem Rant-Debüt nicht zu überhören war.


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We Came Out Like Tigers:

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I Would Set Myself on Fire for You, The Pax Cecilia, Mononoke, Envy, und, und, und... . Sie alle machten es vor und etablierten die Geige im Hardcore, als wäre sie nur dafür geschaffen worden. Das Liverpooler Quartett We Came Out Like Tigers kann ebenfalls auf einen talentierten und spielfreudigen Violinisten zurück greifen, ist aber weder eine Post-Metal- noch -Rock-Band. Zumindest nicht direkt. Den Klangkosmos der Band auf ein überschaubares Maß einzugrenzen, ist jedenfalls nicht so einfach. Allein die Geige bedient ein weitreichendes Spektrum, rollt atmosphärische Soundscapes aus, führt sich an anderer Stelle als zweite Gitarre auf oder schaukelt sich zur irischen Folklore hoch, wie im letzten Song "I Sing of Sorrow & Joy" ihres Debüt-Albums "Agelessness and Lack". Damit ist aber eben nur ein Bruchteil ihrer Musik erklärt, denn auch die übrigen Instrumente versuchen sich nicht zwangsläufig auf einen Stil festlegen zu müssen. Da wird die komplette Palette von Doublebass-Geschredder bis hin zu fiesem Black Metal und erbittertem Screamo bedient, während die Texte Themen wie Anti-Faschismus, Religionsfanatismus und ausbeutende Regierungen aufgreifen und somit im Punk wildern. Dass sich We Came Out Like Tigers trotz dieser Fülle nicht übernehmen, zeugt von der Klasse der Band, die mit "Agelessness and Lack" ein vielseitiges aber dennoch homogenes Album geschaffen hat. Meine Kaufempfehlung!


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Divorce:

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Mann oh Mann, da bleiben einem fast die Worte im Halse stecken. Divorce aus Glasgow haben großen Spaß am Verzerren und Überlagern und erinnern mit ihrer noisigen Experimentalmusik an die Kracheskapaden von Batalj, nur dass neben ächzendes Geschrei auch noch nervtötender weiblicher Sprechgesang hinzu kommt. Wäre der Name nicht bereits vergeben, hätte sich das Quartett auch gut und gerne Bastard Noise nennen können. Um damit ihre Musik zu beschreiben, reicht es jedenfalls alle mal. Fast ein Jahr nach ihrem S/T-Debüt-Album, gab die Band im August 2013 ihr Aus bekannt. Als Abschiedsgeschenk hinterließen sie ihre EP "Seance Fiction", die es nicht mehr ins Presswerk schaffte. ex-Drummer und ehemals einziges männliches Divorce-Mitglied Andy Brown zielt mittlerweile mit seiner neuen Band Ubre Blanca auf wesentlich verträglichere Töne ab.


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Some Are More Equal + Howl & Prey

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Möchte man etwas bewegen, so sollte man mit diesem Wunsch möglichst nicht alleine da stehen. Als unzufriedenes Individuum wird man sowieso immer nur mit dem Strom schwimmen und die Zweifel zumindest solange in sich hinein fressen, wie die menschliche Hülle an Kapazitäten bereitstellt. Some Are More Equal sind immerhin schon zu fünft und spoilern bereits im Bandnamen sowie im Titel ihres zweiten Releases "Waiting for Better Days", worum es hier gehen soll. "If we move every chain will break", resümiert der letzte Song "Four Walls" in seinem Schlussvers. Das alles wird in melodischen (Post-)Hardcore bzw. Hardcore-Punk verpackt, der sich durch seine düstere und depressive Grundstimmung am Boden hält. 2012 gab die Osnabrücker Band ihre Auflösung bekannt. Noch ehe die Frage aufkam, wie es denn mit den Beteiligten weitergehen solle, waren einige von ihnen bereits in einem neuen Projekt involviert. Howl & Prey stellen mit ihrer Debüt-EP klar, dass sie nicht all zu weit entfernt von ihren Wurzeln im Hardcore graben wollen. Mal etwas schnellerer Post-Hardcore oder sich schwermütig voran schleppend, sich aber immer in Reichweite zur Melodie bewegend. Ihre EP nahmen sie anbietender Weise in der Tonmeisterei auf.


Lizards Have Personalities:

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2010 veröffentlichte das amerikanische Trio Lizards Have Personalities gleich zwei EP's in Eigenregie und heimste für diese viel Lob ein. Ihr Debüt "In All Honesty" sollte den Hörern gleich mal zeigen, dass es sich die Band aus Lawrence, KS weder leicht machen, noch dass sie einfach bloß auf den überladenen Post-Hardcore-Zug aufspringen will. Der Opener "Like Lifetime Movies" stellte sich als Screamo-Querkopf gleich mal vorne an, verband metallische Riffs mit post-rockigen Nuancen und versetzte seine Melodie in ein Wechselbad der Gefühle. Das konnten Biffy Clyro auch mal so gut, nur dass LHP vollkommen auf cleanen Gesang verzichten und sich Andrew Mcshan stattdessen lieber die Seele aus dem Leib schreit. In diesem Sinne dehnte sich "In All Honesty" auf fast 25 Minuten aus - und überzeugte. Der Nachfolger "Snows of Kilimanjaro" wollte sich auf die Lorbeeren seines Vorgängers nicht ausruhen und überraschte mit relativ kurz gehaltenen Songs. Nach einem sich steigernden Intro wird allerdings schnell klar, dass sich die Kürze nicht zwangsläufig in Eingängigkeit ausdrücken muss. Vielmehr teilten sich die ersten fünf Songs ihre Energie ein, um im furiosem, fast zehn minütigen Finalsong und Titeltrack nochmal vollkommen freizudrehen oder sich im mäandernden Post-Rock zu verlieren. Bis heute kamen noch einige Splits und Compilation-Songs hinzu. Drummer Joel Layton ist seit diesem Jahr auch bei der Melodic-Hardcore-Punk-Crew A Constant Refrain (Free-DL's HIER) zu erleben, während Mcshan kürzlich als Gast bei den deutschen Crust-Punks Rant vorbei schaute. Hoffentlich nicht schon ein Abgesang auf LHP, denn das wäre verdammt schade.


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Chuck Bass:

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Als SCREAMPUNKBOYGROUP kündigen sich Chuck Brass selber an und treffen damit vielleicht sogar den Nagel auf den Kopf. Gesellschaftskritik, gespickt mit emotionalen Tiefgängen und eigenen Unsicherheiten, die mit hysterischen Screams herausgespeit werden. Und dass sich hinter dem Bandnamen vier junge Männer verbergen, dürfte wohl auch der Definition einer Boygroup gerecht werden, nur dass es eben keine hysterischen Teeniegören sind, die die Kieler Band als Zielgruppe anvisieren. Zumindest nicht nur. Vielmehr sollten sich diejenigen angesprochen fühlen, die ihr Herz an mitreißenden, teils erbitterten Screamo verloren haben, der mit derben Riffs in die vollen geht, auch mal die seichten Töne trifft oder das Tempo ganz drosselt. Im Ganzen eine durchaus gelungene Debüt-EP, die mit Hilfe von vier Labels auf hundert rote Tapes verteilt wurde. 


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White Fields:

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Das Coburger Quintett White Fields exisitiert seit 2010 und brachte es nach ihrer tollen Debüt-EP "Chronicles" (2011, erschienen als CD und auf Tape) auf eine Split mit der australischen Emocore-Band Perspectives (Free-DL's HIER) und die 2012 erschienene "Miles from Home"-12". Letzt genanntes Release gestaltet sich nicht nur durch seine Gäste in "Grey Morning Lights" (mit Michael der Regensburger Metalcore-Punk-Band und Final-Exit-Labelmates Blackstone ->Free-DLs HIER) und in "Rust" (ft. Philipp von den straight edge Hardcore-Punks Dogchains ->Free-DL HIER) abwechslungsreicher als der Vorgänger, sondern verpasst der eigens kreierten Tristesse und Schwarzmalerei der Band mit den instrumentalen Tracks "Autumn" und dem pianolastigen "Chapter Mine" mehr Einwirkzeit. Ansonsten bleibt die Band ihrem melodieverliebten und ansteckenden Modern Hardcore treu, der vor allem für diejenigen interessant sein dürfte, denen der Name More Than Life mittlerweile zum Hals heraushängt. "Miles from Home" übrigens erscheint auf Vinyl in zwei verschiedenen Varianten: die bereits vergriffene red/black Vinyl mit alternativen Cover (60 St.) und die Standardversion auf orange/red Vinyl (200 St.).


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Calculator & No Tongue

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Melodie und Kakophonie passen nicht zusammen? Passen sie wohl! Beweise dafür lassen sich mittlerweile in sämtlichen Genres finden. John Congleton und seine Paper Chase waren darum bedacht, jedweilige Harmonie in ihrem morbiden Indierock zu zerstören. Times New Viking verstümmelten ihren Garagerock fast bis zur Unkenntlichkeit und The Rational Academy drehten ihren Shoegaze mit ganz viel Noise durch den Fleischwolf. Im Weitesten Sinne gehören wohl auch Dillinger Escape Plan zu dieser Riege. Auch Calculator aus Los Angeles können sich bei aller Liebe zur Melodie nicht so recht mit dem Schönklang anfreunden und verbinden Stilelemente, die sich eigentlich abstoßend finden. Ihr diesjährig erschienenes Debüt-Album "This Will Come to Pass" ist in diesem Sinne eine besonders willkürliche Laune der Band. In "Overture" beispielsweise platziert die Band ein Feel-Good-Chor inmitten von garstigen Post-Hardcore, während in "Gasping, but Somehow Still Alive" entgegen rauhem Mid-90's-Emocore ein Indie-Pop-Song läuft. Auch "Brooding Over", "Permanent State of Daylight" und "Grinning at the Thought" beinhalten diese Momente, bei denen man nicht so recht weiß, ob der Band gerade die Puste ausgegangen ist oder man versehentlich die Playlist geändert hat. Weder - noch. Es zeigt, dass die Band neben ihrer Dynamik und treibenden Energie, auch dem Experiment seine Freiräume lässt. Ein Konzept, dass anscheinend auch Comadre-Chef Jack Shirley überzeugt hat, der sich für die Aufnahme verantwortlich zeichnete. Meine Kaufempfehlung #2!

Was mit all dem nun also No Tongue zu tun haben? Zunächst einmal teilen sich beide Bands zwei ihrer Mitglieder. Zum anderen muss auch das Oaklander Quartett nicht melodiöser sein als erforderlich und orientiert sich dabei am ausufernden emotionalen Hardcore der 90er, der von Bands wie Milemarker oder Song of Zarathustra geprägt wurde. Aber auch die diversen Vor- und Nebenbands, zu denen neben o. g. Calculator auch die Emoviolence-Combo Ten Thousand Leagues und die Art-Punks OYO zählen, zeigen, dass sich hinter No Tongue eine Gruppe Querdenker versammelt hat. Nach ihrem noch etwas punkigeren Debüt "///" im letzten Jahr, folgte im August 2013 ihre zweite EP "Body + Mind", die als schwarze 7" über KYEO Speaks, dem DIY-Hardcore-Label von Ten Thousand Leagues-Gitarrist Mark Chen, erschien.


Buy Calculator Here, Here & Here


Buy No Tongue Here & Here


Pride and Ego Down:

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Ein Jahr ist es jetzt her, als die Kölner Post-Hardcore-Band Pride and Ego Down ihre Debüt-12" "Cloud Moving Mind" in Eigenregie veröffentlichte. Zwei Monate später waren sie auch auf unseren ersten Gerda-Sampler vertreten. In diesem Jahr folgte dann eine US-Tour. Neue Songs konnte in diesem Jahr bislang nur Sänger Niklas mit seinem Solo-Projekt You ≠ Me aufweisen. Und nun plötzlich erscheinen unangekündigt über Bandcamp zwei neue Songs der Band, die einen regelrecht aus den Socken hauen und abermals nicht mit den herkömmlichen Genredefinitionen auskommen. Anscheinend ein Umstand, der auch die Band selbst etwas verunsichert, die deshalb auf Nummer sicher geht und sich mit einigen Tags mehr zudeckt. Post-Hardcore? Jaaa. Screamo? Auch! Emo? Auf jeden Fall! Und wer will, kann auch etwas Punkattitüde in ihren Texten finden. Aber bereits das eingenebelte Cover ihrer 12" zeigte, dass PAED von einer sich merkwürdig anfühlenden Aura umgeben sind und somit eher auf Atmosphäre bauen, als Schubladen voreilig aufzustoßen. Der erste neue Song "Our Great Desire" erinnert in seiner tristen und melancholischen Art etwas an Deftones, ehe sich markerschütterndes Geschrei und verzweifelter Gesang breit machen. Ein tief sitzender und grandioser Song, der trotz seiner relativ kurzen Spielzeit dermaßen viele Phasen durchläuft, wie es andere Bands nicht mal auf Albumlänge hin bekommen würden. Der zweite Song "Broken Back" nimmt sich für diesen Hürdenlauf sogar fünf Minuten Zeit, ohne Ermüdungserscheinungen hervorzurufen. Das Cover dazu entlieh sich die Band abermals aus dem Reportoire des Fotokünstlers Teye Gerbracht.




Außerdem

Henry Fonda:

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Henry Fonda könnten dem einen oder anderen schon flüchtig auf einer Split begegnet sein, vielleicht sogar ohne es zu bemerken, denn in der Regel überdauern ihre Songs nur selten die Ein-Minuten-Grenze. Nach einiger Zeit Ruhe meldet sich das Berliner Quintett nun unerwartet mit ihrem ersten Full Lenght zurück. Und unerwartet deshalb, weil die Mitglieder in letzter Zeit vor allem mit diversen Nebenbands wie Afterlife Kids, Ancst oder Halbstark auf sich aufmerksam machten. Schön zu hören, dass die Band nun also seine treuen Fans auf Albumlänge bei den E**rn packt, wobei 18 Songs in 15 Minuten recht schnell vergehen können. Geschreddert und verkloppt wird dennoch, was bei drei nicht rechtzeitig auf den Bäumen ist. Ein richtig "dreckiger" und "hässlicher" Bastard, geformt aus den ausgekotzten Eingeweiden von Powerviolence, Punk, Grind-, Fast- und Trashcore. Somit vor allem für Fans der San-Diego-Ecke (Charles Bronson, Locust, etc.) ein routiniertes Hörvergnügen. Kurz vor Beginn ihrer Herbsttour gab's den Album-Download noch kostenlos, der derzeitige Mindestpreis von 2,- EUR dürfte für Genrefans aber sicherlich auch zu stemmen sein. Über Nerdcore Records erschien die auf hundert Stück limitierte Tour-Edition von "Deutschland, du Täter!", auf einseitig bespieltem, weißem Vinyl mit B-Seiten-Siebdruck ("Good Night Slim Pride"). Leider bereits vergriffen. Warten wir also auf die reguläre Pressung.


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Retsar Baï Naïm


Eine Band, die anscheinend gar nicht so übermäßig daran interessiert ist, bekannt zu werden. Keinerlei Internetpräsenz und auf Bandcamp finden wir neben den drei Songs ihrer s/t-EP lediglich Konzertdaten und Erscheinungsdatum. Nicht einmal für ein Cover hat es gereicht. Immerhin ist die Musik in der Lage für sich selbst zu sprechen. Und die könnte uns Aufschluss darüber geben, was die Pariser Band Ratsar Bai Naim so alles in ihrem Proberaum hört. Nämlich fiesesten und punkigen Fast- bzw. Trashcore der Marke Charles Bronson und derartige Problemkinder aus den Neunzigern. Einige kleine Eckdaten zu den Mitgliedern ließen sich schließlich doch noch ausfindig machen: anscheinend handelt es sich um ein Quartett, dass dem französischem Hardcore-Untergrund entsprungen ist und deren Mitglieder sich bereits bei nicht wesentlich mehr bekannteren Bands wie Napoleon Solo, Bile Clinton, Youssouf Today, Unlogistic und Black Shabbath herum getrieben haben. Ihre Drei-Song-Debüt-EP haben sie demnach wahrscheinlich im 20G Recording Studio aufgenommen, einem kleinen Homestudio in einem Pariser Vorort.

 

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Sonntag, Oktober 20

Affenmesserkampf machen's mit Robinson Krause auf Narshardaa


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Als sich die Kieler Hardcore-Punk-Band Tackleberry anfang diesen Jahres mit einigen ausgewählten Abschiedsshows in den Ruhestand verabschiedete, lagen Trauer und Freude dicht beieinander. Die eingefleischte Fangemeinde schielte zu diesem Zeitpunkt nämlich zumindest mit einem Auge rüber zu Affenmesserkampf, wo ihr charismatischer Lieblingssänger Hannes gemeinsam mit einigen anderen bekannten Gesichtern der Punkszene gerade ein neues Album verkündete. Damit war nach fast vierjähriger Release-Abstinenz nicht unbedingt mehr zu rechnen, um so schöner also die Überraschung. Ihr zweites Album betitelten sie schlicht mit "Doch", dessen imaginäres Ausrufezeichen sich allerdings mit eindeutiger Attitüde in jeden einzelnen der zwölf Songs presst. Wenn nötig sogar mit Gewalt. Oder mit Ironie. Dass ruft dann Kollegen wie Antitainment oder Lafftrak auf den Referenzplan, nur ohne Nintendo. Andere widerum hören melodischere Tackleberry oder flüssigere Turbostaat. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Oder ganz weit weg. Oder im Ohre des Hörers. Vielleicht könnten wir die Wahrheit aber auch gar nicht vertragen?! Na nun aber... Die Fakten jedenfalls liegen wie ein Schlagring fest in der Hand: Deutschpunk mit Hardcore-Kante.Viele tolle und dynamische Melodien, die der Catchyness und dem Pop den kalten Rücken zu drehen. Wenn sich etwas zum Vorgängeralbum "Seine Freunde kann man sich nicht aussuchen" geändert hat, dann höchstens, dass Hannes seinen Sprechgesang nicht mehr ganz so hysterisch freien Lauf lässt.

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Passend zu ihrer vergangenen Herb- sttour mit dem Hamburger Punk - Trio Robinson Krause erschien im September eine gemeinsame Split- 7", der beide Bands jeweils zwei neue Songs bei- steuerten.


Im Gegensatz zu oben genannten Affenmesserkampf, runden Robinson Krause ihren Punkrock auch mit dem meist mehrsprachigen Gesang ab und setzern dabei auf fast schon pop-punkige Chöre. Ihr 2009 erschienenes Debüt-Album "Epifanias" gibt's auf Bandcamp gegen einen frei wählbaren Obolus, Album Nr. 2 und 3 (als unplugged Nebenprojekt + zwei Freunde unter dem Namen Robinson Krause and The Gays of Thunder, LP kommt mit Hörbuch-CD) als Stream bzw. Download/LP/CD. Neben Deutschpunk liefert ihr Debüt eine Menge Fun, einige Ausflüge in den Ska und Hamburg hört man hier und da auch ein bisschen heraus.

Die beiden Spenden-Downloads der Affenmesserkampf-Releases werden übrigens vom Kieler DIY-Punk-Label und -Mailorder Narshardaa Records gesponsert, auf dessen Bandcamp-Seite noch einige Downloads mehr auf euch warten. 

DL Affenmesserkampf - Doch LP
DL Affenmesserkampf Split 7" /w Robinson Krause

DL Robinson Krause - Epifanias

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Samstag, Oktober 19

Hacklerberry Pi & Die Faulen Kompromisse - Ein Lieferwagen voller Mausefallen


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Ob nun solo als Pi Papo, als Stuntman Pi seinen österreichischen Hip-Hop-Kollegen Huhnmensch (Free-DL's HIER) aushelfend oder als Frontmann der Hip-Hop-Gangs Panta Rhei und 19hundertSchnee - der Wiener Singer/Songwriter und Gitarrist Pi ist schon weit rumgekommen. Als Hacklerberry Pi hat er nun eine Schar befreundeter Kollegen aus dem Lied-Gut-Umfeld, einem Musikerkollektiv, dass regelmäßig gemeinsame Sessions und Konzerte veranstaltet, um sich versammelt, die sich da schlicht Die Faulen Kompromisse nennen. Mit dabei sind u. A. Produzent G-U-R-U, eine Hälfte Huhnmensch sowie Mitglieder der Band Monomania. Alles nur langweilige Statistiken, die aber schon mal vorweg deutlich machen, dass auf dem Debüt-Album "Ein Lieferwagen voller Mausefallen" eine Menge Aufwand betrieben wurde. Nicht etwa um einen künstlich wirkenden Bombast in die Höhe zu schießen, sondern die Vielfältigkeit dieses Kollektives bis an seine Grenzen auszureizen und zumindest vorerst die alten Blumentopf-Hip-Hop-Tage hinter sich zu lassen. Ein dementsprechend abwechslungsreiches Potpourrie ist "Ein Lieferwagen voller Mausefallen" nun also geworden, das dennoch eine durchweg freundliche und unbeschwerte Stimmung transportiert, die sich einige Jahrzehnte vor der heutigen Pop-Musik wohlfühlt. Dass der Opener "Die Jungs aus meiner Gang" auf einen Traveling-Willsbury-Song basiert und das herrlich orgelnde "Paperthin Hotel" seine Inspiration bei Leonard Cohen sucht, sind dabei nur Eckpfeiler. Die Vorab-Single "Alter brauner Schuh", die es schon in die Sendezeiten von FM4 und GOTV geschafft hat, könnte auch klammheimlich aus der Kiste der unveröffentlichten Gute-Laune-Hits der Beatles gegriffen sein. In diesem Sinne könnte man eine ganze und längst vergangene Generation von Musikern nennen, die einem fortlaufend immer wieder vor dem geistigen Auge erscheinen. Seien es nun die rock'n'rolligen "Gib acht, Gmunden" oder das arrogantere "Downtown"; das leicht beschwipste "Trübe Tage, Müde Augen", das munter die Finger über's Klavier springen lässt; und die country'esquen Ausflüge, für die sich Pi mit seiner Mundharmonika (in der bayerischen/österreichischen Volkssprache "Fotzhobel" genannt) selbst Zeit nimmt. Dass alle zehn Songs analog aufgenommen wurden, rundet den Vintage-Gedanken des Albums ab. Schade nur, dass "Ein Lieferwagen voller Mausefallen" bislang nur digital erschienen ist, denn derartige Musik sollte eigentlich auf einen Plattenteller rotieren.    

 
STREAM & BUY "Ein Lieferwagen voller Mausefallen"

Freitag, Oktober 18

Rosetta - The Anaesthete LP


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Das Post-Metal-Quartett Rosetta aus Philadelphia treibt nun schon seit 2003 sein Unwesen, kann mittlerweile auf hunderte absolvierte Shows zurückblicken und veröffentlichte im August 2013 ihr viertes Studioalbum "The Anaesthete". Um in der Masse und zu Gunsten der altbekannten Gesichter wie Isis, Neurosis & Co. nicht vollkommen unterzugehen, ließen sich Rosetta bereits für ihr Debüt-Album "The Galilean Satellites" etwas besonderes einfallen. Das Album setzt sich aus zwei CD's zusammen, eine mit dem von der Band gewohnt zelebrierten Post Metal und eine mit ambienten Soundscapes. Beide CD's verfügen über die gleiche Anzahl von Songs, die jeweils und in chronologischer Reihenfolge auch die exakte Länge ihres Gegenübers besitzen. Spielt man beide CD's nun synchron ab, vereinen sich die zwei jeweils angespielten Tracks zu einem Post-Metal-Ambient-Mix. Toll, oder?! Für den ambienten Teil zeichnete sich Rosetta-Sänger/-Shouter Mike Armine verantwortlich, der sich nebenher mit seinem Soloprojekt und Rise of Because im elektrnoischen Bereich austobt und dessen Vielseitigkeit auch die experimentellen Post-Metal-Sludge-Rocker Zodiak oder zuletzt auch die mehr als seltsame Post-Metal-Jazz-Whatever-Band Potmos Hetoimos, zu schätzen wussten. Auch "The Anaesthete" weiß wieder zu überraschen. In erster Linie allein desshalb, weil die Band das Album gegen eine frei wählbare Spende anbietet, aus deren Erlös das nordamerikanische Vinylrelease finanziert werden soll, die Rosetta unabhängig und in Eigenregie veröffentlichen wollen. Eine limitierte europäische Double-LP- sowie Digifile-CD-Version erschien bereits über das französische Label Debemur Morti Productions. Zum zweiten überzeugt "The Anaesthete" natürlich rein musikalisch, denn Rosetta huldigen auch auf diesem Album nicht einfach bloß stur dem Post Metal. Neben Elementen des Sludge besticht das Album vor allem durch einen nicht unerheblichen Anteil an Shoegaze, der sich entweder dreits über die Wall-of-Sound ablegt oder wie im Song "Hodoku/Compassion" in seiner reinsten Form äußert, was sicherlich auch an dem schwelgerischen Gesang von  City-of-Ships-Sänger Eric Jennigan liegt, der hier einen Gastauftritt hat und der Band spätestens seit der geminsamen Split (höre HIER) kein Unbekannter mehr ist. Mit Songs wie den zehn-minütigen Opener "Ryu/Tradition", der mit seinem Wechsel von Brachialität und Epik wie eine Mischung aus Isis und den Red Sparowes klingt, kommen natürlich auch weniger verständnisvolle Genrefans auf ihre Kosten.

DL The Anaesthete

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Mittwoch, Oktober 16

Die Bandcamp-Punks Vol.14


Cowboy Poetry & Tigeryouth & life.story

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Hinter Cowboy Poetry verbirgt sich der Singer/Songwriter und Gitarrist Philipp Dunkel aus Trier, der dieses Solo-Projekt 2009 ins Leben rief. So richtig ausgetobt mit diesem hat er sich allerdings nur in den ersten 2 1/2 Jahren, wo er auch mit den Stuttgarter Hardcore-Punks Turn Away auf Euro-Tour unterwegs war. In diesem Zeitraum entstand auch der Großteil seiner Songs, die er passend vor seiner zweiten Euro-Tour 2013 als Spendendownload ins Netz stellte. Und da sich die diesjährige Tour überraschend als Abschiedstour erwies, können die 14 auf Bandcamp erschienenen (Demo-)Songs auch gleichzeitig als sein Vermächtnis für die Nachwelt angesehen werden. 14 akustische Punknummern, in denen sich manchmal auch eine Orgel zur Klampfe hinzu gesellt, die allesamt als Spiegelbild von Dunkel's emotionalen Gemüts herhalten. Mit forschem Gesang und einigen aufmüpfigen Akustik-Anschlägen allerdings alles andere als Emo-Kitsch. Dunkel war es auch, der sich größtenteils für's Songwriting der Saarländer Punk-Combo life.story verantwortlich zeichnete. Das Quintett gründete sich 2012, spielte in derselben Formation aber bereits seit drei Jahren unter dem Namen Finding Faith. So war es lediglich der Stil, der sich unter neuem Namen ein Stück weit vom Hardcore-Punk entfernte und sich dem Pop-Punk annäherte. Im Juni 2013 verkündete die Band dann ihre Auflösung, welche sie mit ihrem Abschiedskonzert am 14. September vollzog. Immerhin spielten sie vorher noch ein Demo ein, dass als Tape über den Bigcartel-Shop oder als Spendendownload erhältlich ist. Trotz der vielen Auflösungserscheinungen seiner Bands, muss man sich dennoch keine Sorgen um Philipp Dunkel machen. Mit Perfect Youth hat er bereits ein neues Solo-Projekt am Start. Um dieses seinen alten Fans nun vorzustellen, geht's im November gemeinsam mit dem Akustik-Punk-Singer/Songwriter Tilman Benning aka Tigeryouth auf Tour, der nach seinem Live-Album im letztem Jahr (höre & lade HIER), vor einigen Monaten erneut die Lala Studios besuchte, um seine neue EP "Im Sitzen" aufzunehmen und somit seinen Fans ebenfalls etwas Neues vorzuweisen hat. Bislang sind noch einige Termine ihrer "YouthYouthTour" offen. Wer also ein besetztes Haus, eine geräumige Wohnung, Klub usw. kennt, in denen die beiden ihr musikalisches Unwesen treiben können, kann ihnen gern unter die Arme greifen -> Infos HIER.

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Turn Away:

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Apropos Turn Away. Das Quintett aus Ludwigsburg gelangte nicht ganz grundlos in den obigen Post, denn 2009 war auch für die Hardcore-Punk-Urgesteine kein gewöhnliches Jahr. Es war das Jahr nach Erscheinen von "Ways to Say it, Ways to Get it", dem letzten Album mit Sänger und Gründungsmitglied Tobi, der die Band nach acht gemeinsamen Jahren verließ. Hinter'm Mikrofon konnte mit Daniel ein ebenso engagierter wie aggressiv treibender Frontmann vorgestellt werden, mit dem Turn Away in den folgenden drei Jahren eine EP ("To the Open Sea", Stream HIER) und ihr bislang letztes Album "Time and Tide...Wait for No Man" (Stream HIER) veröffentlichten. Vielleicht auch um der eingefleischten Fangemeinde diesen Personalwechsel etwas versöhnlicher zu gestalten, überließ es die Band dem Hörer, wieviel dieser für den Download von "Ways to Say it, Ways to Get it" zahlen möchte. Und egal wieviel dieser nun letztendlich zahlt, lohnen tut es sich so oder so. Ein Album das vor Energie nur so strotzt und eine Hymne nach der anderen ausspuckt, das zum Moshen und Mitgrölen oder einfach bloß zum Mittelfinger ausstrecken animiert und vor allem die melodieverliebte Fraktion ordentlich verwöhnt. 



Zustände:

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Ganz klar: Zustände aus Mannheim kommen, um sich zu beschweren. Worüber? Den inhaltlichen Kontext ihres Debüt-Demos bündelt der letzte Song "Bleib ein Penner" vielleicht am besten. Dabei bringen "Aufziehen" und "Trostpreis" die artikulierte Pennerattitüde vielleicht noch am ehesten rüber, die rotzig und ohne Kompromisse schnell über die Bühne gebracht werden. Frühere TempEau. kommen einen da in den Sinn. "Prost!" hingegen könnte auch von den Hives stammen, die anstelle der Kopfschmerztablette versehentlich die blaue Pille mit dem Smiley eingeworfen haben. Und genau mit dieser Garage-Breitseite verabschieden sich Zustände dann wieder von ihrem Pennerpathos, indem sie ihren berstenden Krachblizzards auch immer wieder etwas Melodie einhauchen. Die kann sich zwar selten für längere Zeit über Wasser halten, aber sie ist da. Nach sieben Songs und zehn Minuten ist ihr Demo Tape auch schon wieder vorbei. Dafür finden sich die Songs auf der B-Seite des Tapes noch einmal wieder. Im August und September war die Band mit den Wiesbadener Punks von The Void unterwegs. Am 2. November sind sie dann auf dem Mannheimer Pennerfest zu erleben. Wo sonst?!

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Liberty Madness:

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Man mag es kaum glauben, aber auch Liberty Madness kommen aus Mannheim. Dass ist weniger negativ auf die Stadt bezogen, als dass es vielmehr zum Ausdruck bringen soll, dass man derartig routinierten Punkrock eher auf der anderen Seite des großen Teiches verorten würde. Von daher drängen sich Referenzen zu Größen wie Strike Anywhere und NOFX regelrecht auf, in deren Spannungsfeld zwischen Melodycore und Pop-Punk sich das Quartett mit viel Spaß austobt. 13 treibende Hymnen zählt ihr S/T-Debüt-Album aus dem Jahr 2011, dass die Band zur noch größeren Freude kostenlos anbietet. Liebhaber versuchen noch eine der auf hundert Stück limitierten LP zu ergattern, müssen nach erfolgreicher Jagd aber aufpassen, dass sich die Nadel bei diesem Tempo nicht all zu tief ins orangefarbende Vinyl fräst. Nach einer EP und einer Split mit den Tübinger Hardcore-Punks Derby Dolls, ist es das dritte Release der Band. Mitglieder von Liberty Madness spielen u. A. auch bei Modern Pets und The Rätz. Mit letzterer ist eine gemeinsame Split-12" geplant, von der es die ersten Roughmixes bereits zu hören und kostenlos zu saugen gibt -> HIER.


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I Kissed Captain Hook:

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I Kissed Captain Hook sind fünf junge Männer aus dem Alpenländle, die mittlerweile auch schon über vier Jahre auf dem Buckel haben. Die Band aus Garmisch-Partenkirchen konzentrierte sich bislang hauptsächlich auf ihre Shows, rockte bereits zweimal das, sich für wohltätige Zwecke einsetzende, Kulturknall-Festival, auf dem sie sich in diesem Jahr unplugged bis zu den Backstreet Boys durchcoverten. Eine Band, die sich selbst eben nicht ernster nehmen muss, als erforderlich. Erforderlich ist es erst dann, wenn es um die eigenen Songs geht. Die präsentieren I Kissed Captain Hook auf ihrer S/T-EP in einem ordentlich ausproduzierten Melodic-Hardcore-Gewand, bzw. um beim Thema zu bleiben, mit Hook-lastigem Hardcore-Punk und einsetzenden Riff-Gewittern. Mit ihren vier Songs versuchen sie es recht schnell, sich aus dem Untergrund Richtung breitere Masse zu bohren, was keineswegs negativ gemeint sein soll. Wer kann, soll das auch ruhig zeigen. Und I Kissed Captain Hook können.


Power:

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Was kann man schon großartig von einer Band erwarten, die sich selbst Power nennt?! Im Falle des Kieler Quintetts eben genau das. Hemmungslos abgehender Hardcore-Punk, der sich seine Vorbilder aus den 80ern und Früh-90ern zusammensucht, mit seiner Affinität zur unvollkommenen Melodie aber auch etwas mit den frühen Beatsteaks liebäugelt (z. B. der Song "Humanoid Liars"). Und überhaupt klingt alles was die Band bisher so über ihre Instrumenten geschreddert hat, als käme es als mahnender Weckruf direkt aus der Vergangenheit, um den Leuten noch einmal vor Augen zu führen, was Punk einmal ausmachte. Und das, ohne Retro zu wirken. Ende letzten Jahres erschien ihre 12" "Overthrown by Vermin", die auf grünem und schwarzem Vinyl über Horror Business Records erschien, dem Ruhrpotter Hardcore-Punk-Label um Krombacherkellerkinder-Sänger und Not Enough-Gitarrist David Zolda. Eine bessere Adresse hätten sie wohl nicht finden können.
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A State of Grace:

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Fünf Jahre lang spielten sie zusammen als Blind Weasel, bis nach einigen Line-Up-Wechseln und einer Neuordnung der Bandphilosophie schließlich auch ein neuer Bandname her musste. 2009 wagte das Quartett nun also den Neuanfang und ist seither als A State of Grace unterwegs. Und als Nachweis dafür, dass die vier Hanauer nicht nur dem lotterhaften Punk-Dasein fröhnen, stehen bislang schon über 50 Konzerte und ihre 2011 erschienene Debüt-EP "And the Savant Starts to Think..." auf der Habenseite der Band. Diese wurde komplett und nicht überhörbar im Proberaum eingespielt und später von Offpist- und Rotvelt-Bassist Kristoffer Follestad in dessen Cantus Studio abgemischt und gemastert. Heraus gekommen sind fünf Hardcore-Punk-Songs, die nostalgische 80er-UK-Punk-Luft atmen, wobei das leicht verschrobene und kratzige "1-50" gar an kultige Dead Kennedys erinnert. Mit dem letzten Akustik-Song "Big Dipper & The Snow" schweifen A State of Grace dann nochmal mit einer Mundharmonika im Rücken in Richtung Country-Punk ab. Ein Song, der allerdings auch offenbart, dass sich Sänger Sepp, ehemals Schlagzeuger der Alternative-Punks Johnny Hates Rock, deutlich wohler fühlt, wenn ihm seine Kollegen ein höheres Tempo vorgeben. Derzeit arbeiten die vier an ihrem ersten Album, wovon die ersten drei Songs bereits im Kasten sein sollen.



No More Art:

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Zum Abschluss gibt's nochmal eine Art Supergroup, die ich vor allem der noch immer trauernden Masshysteri-Gemeinde ans Herz legen möchte. Dass sich hinter dem 2011 gegründetem Quartett No More Art aus Hamburg keine Anfänger verbergen, merkte man schon dem anfang 2012 erschienenem Demo an, das bereits mit vor Selbstbewusstsein strotzenden Ohrwürmern keine Berührungsängste kannte. Ein Blick hinter die Fassade offenbart dann Namen wie Jessica "Milo" Milone, Multiinstrumentalistin, Songschreiberin und Sängerin, die bereits mit ihrer Punk-Band Rhonda viel Bühnenerfahrung sammeln konnte. Ihre leicht unsichere und zerbrechliche Art als Rosie Tie streift sie als No-More-Art-Sängerin von sich ab und schlüpft stattdessen in die Rolle einer energetischen Rock-Röhre mit ordentlich Punkattitüde. Angefeuert wird sie von Drummer Juan Miguel Pardo (u. A. bei Los Dolares und Etacarinae), No Options Records- und New Dark Age Records-Gründer sowie ehemaliges Mitglied der amerikanischen Anarcho-Crust-Punks Born/Dead (Free-DL's HIER) und der Portländer Punk-Truppe Red Dons (Free-DL's HIER) Will Kenser und Bassist Jonas Ball. Dass ist sicherlich eine ganze Menge Information, kann angesichts der vielen und vor allem langjährigen Einflüsse aber durchaus mal erwähnt werden. Zusammen spielen die vier nun also klassichen und melodiösen Punk im Stile der Adolescents, mit etwas Pop-Punk-Einschlag und somit einen Riesen-Spaß macht. Einzig allein die Tatsache, dass man sich ihre Songs von diversen Split's und 7inches zusammensuchen muss, ist etwas nervig. Aber eine erste LP, die voraussichtlich den Titel "Sorrows of Youth" tragen wird, ist bereits in Arbeit. 


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Außerdem

Zentralheizung of Death:

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Ich habe Zentralzeizung of Death, deren Name man auch beliebig mit des Todes verlängern oder auf ZHOD komprimieren kann, erst vor kurzem auf dem Berliner Torstraßen Festival kennengelernt, dem weniger der Charakter eines Straßenfestes als vielmehr einer ausgedehnten Kneipentour inne wohnt. In jedem Fall ist es aber eine Veranstaltung, die Fans von mainstreamartigen Hörgewohnheiten einen großen Bogen um den kultigen Szenebezirk schlagen lässt. In diesem Sinne verteilte sich das Publikum im St. Oberholz an jenem Samstagnachmittag entweder auf neugierige Kulturtouristen, die von der Musik hinter diesem merkwürdigen Namen nun etwas vollkommen anderes erwartet hätten, oder auf Leute, die den infernalen Krach des Thüringer Quintetts bereits kennen und lieben gelernt haben. Beide Parteien konnten jedenfalls eine ausgelassene Show begutachten, bei der die Band in schrägen Outfits und in gewohnt zügelloser Manier auftrat. 2010 erschien ihre Debüt-10" "The Death of Death - Scusi Capitano Kirk" in Eigenregie, welches sieben Songs zählt und nach knapp zwanzig Minuten Spielzeit eine tiefe Furche in den Gehörgängen hinterlässt. Schwer zu sagen, ob es nun Garage-Punk oder Noiserock ist, was den Hauptteil von ZHOD's Musik für sich beansprucht. Auf jeden Fall spielen schneidende Surfgitarren ebenso eine Rolle, wie ein an Tobsucht leidendes Schlagzeug. Mal rein instrumental gehaltene Songs, dann wieder die volle Dröhnung abgedrehten Gesangs oder Gekreische. In diesem Jahr erschien ihre "Busy Ghost"-7", diesmal auf einem Label und in ungewohnt zugänglicher Weise, da sich die drei neuen Songs fast schon am eingängigen Garage Rock orientieren. Die 10" und die 7" sind noch vorrätig, kommen beide aber leider ohne DL-Code. Das "Kneel Before"-Tape ist bereits vergriffen.      

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or mail to: zentralheizungdestodes@gmail.com

Kazimir:

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Wird eine Band ruhiger, gemäßigter, ihre Texte intellektueller, oder nähert sie sich gar den gewohnten Strukturen, ist oftmals zu lesen, sie sei erwachsener geworden. Ein gutes Beispiel dafür dürften wohl Tocotronic darstellen, die sich mittlerweile vollkommen von ihren ungestümen Anfangsjahren verabschiedet und sich der Ernsthaftigkeit zugewandt haben. Wie aber kann man eine Band beurteilen, die bereits seit ihrem ersten Release den mahnenden Zeigefinger in ihren gesellschaftskritischen und emotionalen Texten erhoben hält und dennoch keinen Gedanken daran verschwendet, ihre Dynamik und Energie zu drosseln? Muss man das denn überhaupt beurteilen? Vielleicht auch deshalb betitelten Kazimir ihr zweites Album "Messlattenblues", dessen Song "Rückennummer 0815" diese Thematik am deutlichsten zur Ansprache bringt. Nein, Kazimir wollen diesen Vergelich nicht. Nicht einmal mit den "Altlasten der sogenannten Hamburger Schule" wollen sie in Berührung kommen, was als 3/4-tel Hamburger Band und angesichts dessen, dass man neben Turbostaat-Ausbrüchen tatsächlich auch etwas jugendliche Tocotronic in ihrer Musik wahrnehmen kann, äußerst schwierig sein dürfte. Ihr Debüt-Album "Keine Zeit für Starallüren" verstand es schon ziemlich gut, Emo- bzw. Indie-Punk mit etwas Aggressivität zu vereinen. Auf ihrer selbstveröffentlichten EP "Brokenlande" (Free-DL, bereits HIER besprochen) fand sich plötzlich diese Ballade "Junge küsst Mädchen..." wieder. Allerdings nicht ohne Grund sind es die Songs "Schienenspiel", "Brokenlande" und "Joggen vs. Amoklaufen" von eben genannter EP geworden, die auch auf "Messlattenblues" ihren Platz fanden, da diese dann doch besser ins dynamische Albumkonzept einfließen und sich mühelos mangt den neuen Punk-Hymnen wie beispielsweise "Sternenschießen", "John Hume" oder "Too Big to Fail" einreihen können. Ein tolles Album, dass Eindringlichkeit und Melodie perfekt unter einem Hut vermengt. Glücklicherweise hat dass auch das Hamburger Label My Favourite Chords erkannt, dass "Messlattenblues" auf schwarzem Vinyl (im Gatefold mit Sticker und DL-Code) und als Digipak-CD veröffentlicht.


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Kurzmeldung: Die Darmstädter Punkband Rollergirls will noch in diesem Jahr ihre erste LP veröffentlichen. Die Release-Tour steigt im November (u. A. mit den Wiener Post-Punks Lorraine), danach soll das Album über das Darmstädter Label Fear of Heights erhältlich sein, wo auch schon Rollergirls Gesangs-Debüt-EP "Bombs" (Free-DL HIER) erschien. Es wird das vierte Release des Labels.

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