Freitag, Juni 27

Richtwert - Robin Hood EP



Richtwert aus Ahlen fanden bereits vor dreieinhalb Jahren zusammen und veröffentlichten, nach ihrem 2012er-Demo "Situationsautomatik" (vier Tracks auf CD), im letzten Jahr ihr offizielles Debüt "Robin Hood" (ebenfalls vier Songs, bislang nur digital). Leider ist das Quartett noch nicht über regionale Konzerte und Kleinstfestivals hinaus gekommen und gibt man Bandnamen zusammen mit Heimatstadt in die Suchmaschine seiner Wahl ein, so werden einem noch immer eher städtische Statistiken zu Grundstückspreisen, Stromverbrauch oder Sattelformen aufgezeigt, als die erhofften Bandinformationen. Dabei machen Richtwert auf ihrer "Robin Hood EP" doch so vieles richtig. Unbeschwertheit trifft auf studentische Freischnäuzigkeit, womit sich heutzutage zwar keine Jugendbewegung mehr anführen lässt, was aber immerhin nostalgisch zwischen frühe Tocotronic und Tomte gequetscht werden kann. Gleich der erste Song "Hamsterrad" ist ein eingängiger Ohrwurm zwischen forschem Indie, riffigen Alternativerock und dezenter Elektronik, der durch kühn-frechen Gesang frenetisch nach vorne gepeitscht wird. Das folgende "Halb so schlimm" lässt sich ähnlich leicht einprägen, zieht trotz Ausbruch zum Ende hin dennoch in die Melancholie hinab, während "Irgendein Zuhause" fast schon mit Trance-artigem Groove zum Indietronic rüberschielt.
Eine Menge Ideen also, die Richtwert auf ihrer EP zu beeindruckenden Songs ausformuliert haben. Oder um es in ihrer eigenen Hipstersprache zu sagen: "Musik für Alle und Keinen".

Nach dem Release ihrer "Robin Hood EP" und einigen anschließenden, sporadischen als auch spontanen Auftritten (zuletzt Ende Februar), wurde es um die Band zunehmendst ruhiger. Allerdings sollen uns bald Neuigkeiten von Rapkustik ereilen, einer Indie-Rap-Band, in der auch drei Richtwert-Mitglieder aktiv sind.

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DL Robin Hood EP

Mittwoch, Juni 25

Platte des Monats 06/2014: The Brannigans - EP-Tape


Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie ich von The Brannigans erfahren habe. Eine Band, die sich selber rar macht und nur dann in Erscheinung tritt, wenn es tatsächlich etwas Neues zu berichten gibt. So wie am 31.05.2014, als das Schopfheimer Trio einer Einladung zum 30-jährigen Jubiläum des beheimateten Café Irrlicht folgten und ihren Auftritt gleich mal um den Zweck der Vorstellung ihres Debüt-Tapes erweiterten. Und auch wenn ich dieses Event leider auslassen musste, kann ich mir nur all zu gut vorstellen, welch ausgelassene Sause The Brannigans zwischen den kantigen Hardcore-Punk'n'Roller Room 101 (Free-DL HIER) und den Rotz-Punk-Urgesteinen The Bullocks veranstalteten. Dennoch und auch hinsichtlich ihres Namens, der sich offensichtlich auf die zynische und äußerst egoistische Comic-Figur Zapp Brannigan (Futurama) bezieht, sind The Brannigans weder eine reine Pop-Punk-Combo, noch die Trash-Punk-Band, für die man sie halten könnte. Stattdessen gibt's Garage-Punk, den die Band in ansteckende Gute-Laune-Songs verpackt und somit vor allem Fans von The Hives oder Eagles of Death Metal ordentlich zu begeistern weiß. So sind "Serious" und "Increase" zwei kernige und geradewegs drauf los wirbelnde Partysongs, die auf's Nötigste beschränkt sind und nicht mal die Zwei-Minuten-Marke erreichen. Aber auch der Rockabilly-Einschlag in "Opinion Former" oder "Reality", das zum Feiern ins Irish Pub einlädt, führen zu einer insgesamt beeindruckenden (Eigen-)Dynamik. Wir wollen Nachschlag, Jungs!


DL EP Here or Here

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Dienstag, Juni 17

Me and the Fox - Familiar EP



Für anständigen bis soliden Hardcore-Punk oder Post-Hardcore kann die westfälische Konsumgemeinschaft mittlerweile getrost auf Produkte aus der eigenen Region zurückgreifen, denn unlängst hat sich das Münsterländle zu einem nährreichen Boden für junge Sprösslinge entwickelt. Die fünf Beteiligten der Ahlener Post-Hardcore-Truppe Me and the Fox sind in dieser Formation seit 2012 aktiv, probierten sich aber bereits vor- bzw. nebenher in Hardcore-Gruppen wie Odyssey to Elysia, Almost Too Late und Choose Your Path aus. Dass bei MATF also keine Grünschnäbel zu Werke gehen, ist ihrer 2013 erschienenen Debüt-EP "Familiar" durchaus anzuhören. Die beginnt routinemäßig mit dem sich langsam steigernden Intro "Things We Missed the Most" (der Electro-Remix vom befreundeten Soundtüftler Dennis Gottwald höre HIER), das bis auf dem Urschrei im letzten Drittel rein instrumental gehalten ist und direkt in den folgenden Song "The King and the Thief" übergeht. Trotz großer Ankündigung stürzt sich dieser nicht gleich Hals über Kopf ins Chaos, sondern lässt sich von einer tollen Gitarrenmelodie tragen. Mit dem dritten Song "Maria" nimmt die EP dann erst so richtig Fahrt auf und findet schließlich im darauffolgenden "Twelve" ihren Höhepunkt, ehe sie mit dem letzten Song "D' Percy" und den eingeschobenen, melancholischen Instrumentalparts atmosphärisch ausklingt.
Das klingt im Ganzen nach einem Verlauf ohne größere Überraschungen. Oder anders gesagt: solide, worin sich eben die größte Stärke von MATF wiederspiegelt und womit sich Fans von The Tidal Sleep oder Escapado sicherlich gut anfreunden können.
Ob die Band nach dem Ausstieg ihres Shouters Jan im Sommer letzten Jahres noch weiter macht, steht bis dato noch in den Sternen.

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DL Familiar EP

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Sonntag, Juni 15

Kennt ihr die schon?



Es gibt also tatsächlich noch deutschen Trash-Punk, der auch ohne dem Spastic-Fantastic-Gütesiegel zurecht kommt. Kennern der Sparte werden früher oder später zwar Bands wie MKSIDH oder Alarmstufe Gerd, in deren Quintessenz sich das Trio Katz Kadaver aus Schwerte mal so richtig austobt, in den Kopf schießen. Trash-Punk kann man aber nunmal nicht mehr neu erfinden. Man kann ihn lediglich ausreizen, bis zum Erbrechen oder die Nervenstränge reißen , denn erlaubt ist, was Spaß macht. Und den kann man der Band auch über die Grenzen des Trashs hinaus durchaus anhören, wenn sich mangt den Schrammel- und Hardcore-Attacken auch immer wieder tolle Harmonien auftun, die Katz Kadaver dann sogar zeitweise in den Schoß des "normalen" Punkrocks schubsen.
Das Dortmunder DIY-Label Radieschen Tonträger, das mit Gruppen wie Dixi McDüsseldorf und Grandhotel Abgrund bereits seinen verqueren Musikgeschmack unter Beweis stellte, bannte den Live-Auftritt der Band aus dem Jahr 2011 im Rattenloch Schwerte auf Tape. Ob davon noch welche vorrätig sind, könnt ihr via PN auf der Facebook-Seite des Labels oder direkt bei der Band (katzkadaver@radieschen.org) hinterfragen.
Auf Jamando findet ihr den kostenlosen Download des "Propaganda"-Demo Tapes. Handelsüblich in geringer Bitrate.

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DL Propaganda Demo Tape

Freitag, Juni 13

Lampedusa Soli Sampler



Es ist Dienstag, der 8. April 2014. Schon vor einigen Stunden warf die Nacht ihren düsteren Schatten auf den Berliner Oranienplatz. Arschfahl scheint der Mond auf die verbleibenden Trümmer des ehemaligen Refugee-Camps, das im Laufe des Tages zwangsweise von der Polizei geräumt wurde. Politiker werden später darüber berichten, dass alles in Einvernehmen mit den Flüchtlingen vonstattenging und sowieso nur zu ihrem besten geschah. Zumindest für vier Menschen - unter ihnen auch die sudanesische Menschenrechtsaktivistin Napuli -, die während der Räumung Zuflucht auf einen Baum inmitten des ehemaligen Camps suchten und dort wacker bis in die späten Nachtstunden protestierten (einige von ihnen sogar noch tagelang und ohne Essen), sieht die Lage jedoch anders aus.
Der Widerstand der zuvor zahlreich angereisten und mittlerweile stark reduzierten Demonstrationsteilnehmer beschränkt sich nur noch auf vereinzelte Zurufe. Dennoch ist der Oranienplatz noch immer komplett von der Staatsgewalt eingekesselt, um einen Zulauf zu verhindern. Ich stehe direkt vor der nördlichen Absperrung, vor mir eine Wand aus Einsatzfahrzeugen und gut gepolsterten Uniformträgern, als plötzlich neben mir eine ältere, eingedeutschte Bürgerin auftauchte. Wie eingedeutscht diese Frau war, wurde mir erst im folgenden Gespräch bewusst, das diese offensichtlich mitteilungsfreudige Frau einem Beamten aufzwängte. "Ist der Platz jetzt fertig geräumt?", fragte sie in akzentuierten Deutsch. "So gut wie.", antwortete der Polizist anteilnahmslos. Was die Frau danach allerdings von sich gab, trieb mir fast den Mageninhalt nach oben. Empathielos und fast schon mit spöttischer Zufriedenheit äußerte sie: "Wird ja auch Zeit! Die haben mir immer in den Vorgarten gek**kt, haben hier Drogen verkauft und die Ratten angelockt. Ich bin froh, dass DIE jetzt hier weg sind." Neben meinen Entsetzen über diese Äußerungen, überraschte mich aber vor allem die Antwort des Polizisten, der sagte: "Das ist zwar nicht schön, aber man muss sich auch mal die Umstände vor Augen halten, unter denen diese Menschen hier leben müssen." Die Frau ging, der Polizist nahm wieder seine alte Rolle ein.

Ohne hier jemanden in Schutz nehmen oder verurteilen zu wollen, ergaben sich aus diesem mitgehörten Gespräch für mich zwei Erkenntnisse: 1. Deutsch sein macht blind. 2. Beamte sind auch nur Spielbälle einer orientierungslosen und überforderten Politik.

Unter dem Motto "Refugees Welcome" und mit dem mahnenden Blick auf Diejenigen, die Gleichgültigkeit noch immer als den Weg des geringsten Widerstandes einschlagen, haben sich nun 34 Bands zusammengeschlossen und einen Soli-Sampler veröffentlicht, deren kompletter Erlös der Menschenrechtsorganisation Karawane e. V. gutgeschrieben wird und somit der Lampedusa-Gruppe unter die Arme greift.

Neben einigen Newcomern und aktuellen Unruhestiftern wie Das frivole Burgfräulein oder Robinson Krause, darf man sich vor allem über fast schon historische Bands wie Dödelhaie, Hamburger Abschaum oder YACØPSÆ freuen. Alles in Allem, eine enorme Vielfalt und Qualität, die den Mindestbetrag von fünf Euro mehr als nur rechtfertigen. Guter Zweck inklusive!

Download Lampedusa Soli Sampler und spende für ein kleines bisschen mehr Menschlichkeit

Dienstag, Juni 10

Die Bandcamp-Punks Vol.21

Portree



Violá: hier habt ihr es, macht was draus! Drei-Song-Demotape draußen, noch ehe irgendwelche Bandseiten und -infos stehen. Für eine neue Band eine ziemlich selbstbewusste, wenngleich nachvollziehbare Herangehensweise. Schließlich wird viel zu oft bereits im Vorhinein um den heißen Brei geredet, geplante Veröffentlichungen aufgrund außerplanmäßiger Probleme verschoben, und so weiter. Wie viele Beteiligte sich nun also insgesamt bei der Münsteraner/Osnabrücker/Berliner Band Portree um die Instrumente streiten, kann ich nicht genau sagen. Anscheinend mischen hier aber bereits erfahrene Leute von Dramamine (höre HIER), Idle Hands (höre HIER & HIER) und Duesenjäger mit, aufgrund zuletzt genannter sie wahrscheinlich auch auf der Bildfläche von Grabeland Schallfolien auftauchten, das 100 weiße Tapes pressen ließ.
So mäandern die drei Debüt-Songs in konstruktiver Eigenwerbung durch dynamischen Post-Punk und plänkelnden 90er-Emo, irgendwo zwischen der Unbeschwertheit und dem Enthusiasmus von Algernon Cadwallader und Cap'n Jazz, und denen auch wegen der herrlich reduzierten Produktion ein nostalgisches Feedback nacheilt.
Schnell zugreifen, bevor Band oder Label tatsächlich noch auf die Idee kommen, direkte Werbung zu betreiben.

DL Demo Tape

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Killer Jiller

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Weniger neue Akzente setzen, als vielmehr die Geselligkeit des (Hardcore-)Punks suchend, lautet die Devise auf Killer Jiller's Demo-Debüt "Geld macht arm". Das war schon so, bevor sich die fünf Berliner aus den Rippen ehemaliger Fetzen schälten. Vier Demosongs zählt die EP, die thematisch u. A. die scheinheilige Oberfläche des Christentums aufkratzen ("Braver Christ") oder dem Kapitalismus die widerspiegelnde Ödnis ausquetschen, und somit schonmal einen vagen Vorgeschmack auf das angekündigte Album geben. Kein neuer, dafür aber überzeugter, roher und herrlich aggressiver Punkrock, der vor allem live sicherlich die schäbige Masse anzuheizen weiß. Was Absichten darüber hinaus verfolgt, ist schlichtweg Luxus, der im ehrlichen Punk nicht's zu suchen hat.

DL Geld macht arm Demo


Verwahlost

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Etwas asozialer geht's bei den fünf mecklenburger Jungs von Verwahlost zu, was nicht nur dem Bandnamen (unter dem ursprünglichen Namen Sperrmüll gegründet), sondern vor allem ihrer kompromisslosen, antifaschistischen Street-Riot-Attitüde anzuhören ist. Damit setzt das Quintett im Umfeld des AJZ Neubrandenburg und somit inmitten regionaler Unruhestifter wie Schnurrbartkumpels, Gehacktes oder Schlingelz zwar keine neuen Akzente. Allerdings sagen sie, was gesagt werden muss, was gerade heutzutage vielleicht wichtiger denn je ist. So hört ihr Debüt-Album auf den Namen "Underworld", eine ehemals buntbemalte Baracke (siehe Cover) und beliebter Szenetreff, der im letzten Jahr einer Ortsumgehungsstraße weichen musste. Nebenbei rechnen Verwahlost mit Religion, Homophobie, Globalisierung und dergleichen ab, was letztendlich nicht nur in stumpfe Parolen ausartet, sondern wie beispielsweise die Songs "Fick dich Papst" oder "Symptome der Verzweiflung" zeigen, auch in treibenden Hardcore-Punk münden kann.

DL Underworld EP

DL Underworld Album


Blut Hirn Schranke

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Ja, für manche Menschen geht es im Moshpit bei einem Hardcore/Punk-Konzert offensichtlich um mehr, als nur die Musik. "Herdentrieb und Krieg", heißt es im einizigen deutschsprachigen Song "More Than Music" auf Blut Hirn Schranke's Debüt-EP, die darin ihren besorgniserregenden Blick auf jene wendet, die scheinbar von blinder Wut und Rage gesteuert auf alles und jeden in ihrer unmittelbaren Nähe einschlagen und -treten (siehe HIER das Youtube-Video zum Song). Wenn ich ehrlich bin, hätte ich der Band einen solchen Song nicht unbedingt zugetraut, sicher auch, weil ihr oldschooliger Hardcore-Punk vor allem die Moshfraktion anvisiert. Melodische Gitarren, zu denen man am liebsten die komplette Tanzfläche hoch und runter slizen würde. Fettes Riffing, das Armfreiheit fordert. Ein extrem wütendes Geschrei, das dich bei den E**rn packt und anschließend mitten ins Schlachfeld katapultiert. BHS sind aber eben nicht die Aggro-Prolls, für die man sie auf den ersten Blick halten könnte. Im Gegenteil. Viele ihrer Texte sind erstaunlicher Weise sehr persönlich gehalten, wodurch ihre Songs dann doch eher nachdenklicher wirken, als zum bloßen Ausgleichsventil zu mutieren.




Grossebombeallesweg

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Jetzt mal ehrlich! Eine Punkband, die auf den infantilen Namen Grossebombeallesweg hört und zudem vom Herzstück des Ruhrpotts ausgeblutet wurde, kann eigentlich gar nicht ungeschoren an Querkopf Maz vorbeiziehen. Ergo: Gemeinsamer Auftritt mit MKSIDH - check! Auf 50 Stück limitiertes Demotape inkl. Patch, zu finden im Spastic-Fantastic-Shop - check! Dass das Dortmunder Quartett, deren Mitglieder Anfang 2013 aus diversen Vor- und Nebenbands zueinanderfanden, auch noch old schooligen Hardcore-Punk, der sich für Rumpel- und Trasheinlagen nicht zu schade ist, fabrizieren, komplettiert die guten Dinge zum altbekannten Trio.




MT Bags

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Roughness und Melodie mit einem melancholischen Unterton. Auch nach mehrmaligen Hören, klingen MT Bags für mich noch nach der Quintessenz aus den beiden Punkveteranen Boxhamsters und ...But Alive. Darüber lässt es sich mit Sicherheit gut streiten, was den vier Osnabrückern wahrscheinlich aber auch nicht weiter stören dürfte, sofern sich die Leute überhaupt und längst überfällig mal ihr Hirn über die Band zu zermatern. Verdient hätten sie es, denn ihr Debüt-Demo "Mimikry" wirft acht selbstbewusste Punknummern in den Raum, die sich offenherzig und selbstkritisch mit gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Wenn dem Ganzen nebenher auch noch so spritzige Outfits wie das wavige "Guter Freund #1", "Quit" oder "Alt" übergestreift wird, um so besser.

Ein ebenfalls tolles Outfit, verpasste die Band den physischen Exemplaren ihres Debüts, wobei sie die selbstbesprühten CDr's samt gefalteten Textblättern in DVD-Boxen unterbrachten. Für lasche drei Ocken!

DL & Buy Mimikry DIY-CD-Box


Nasty Pack


Hinter der hier vorgestellten Gruppe verbirgt sich weder ein Freizeit-Footballteam, noch eine ominöse Vereinigung "gestandener Männer". Die Leipziger Band Nasty Pack lässt auf ihrem Demo-Debüt dennoch gewaltig die Muskeln spielen - auf musikalischer Ebene. Astreiner, englischsprachiger Hardcore-Punk, der voll auf die Zwölf geht und gleich zu Beginn mit dem unerschöpflichen "dis/belief" durchbrennt. Das folgende "no way out" geht mit gniedelnden Gitarren direkt in die Breitbeinstellung über und heizt mit wütenden Gangshouts ein. Auch mit "getting older" und "nightmares" schwafeln Nasty Pack nicht lange drum rum, zeigen sich chorverliebt und verweigern, trotz vorhandenen Potentials, den Einzug ins Stadion. Da, wo Punk ja eigentlich auch nichts zu suchen hat.

DL Demo


From the Sidelines

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Mit dem Emo-Punk-Popcore ihrer selbstveröffentlichten Debüt-EP "Highkicks + Cartwheels" (2011) und dem mehr in Richtung Pop-Punk/Easycore steuerndem Album "Everybody Loves a Comeback" (2012, ebenfalls in Eigenregie), hatten sich die vier Chicagoer Jungs von From the Sidelines im Rahmen einer Selfmade-Band eigentlich schon eine solide Fanbase erspielt. Dass sie den Stempel eines Ablegers von Genregrößen wie Fall Out Boy, Veara, The Academy Is... oder All Time Low aufgedrückt bekamen, war trotz hörbarer Spielfreude keine allzu große Überraschung. Ein Umstand, den die Band mit einem Augenzwinkern in ihrem Namen vielleicht sogar schon vorwegnahm. Dennoch zogen From the Sidelines nach ihrem Album einen Strich, riefen die kostenlosen Downloads ihrer beiden Releases von sämtlichen Plattformen und Blogs zurück (auf 7digital, iTunes, Amazon, usw. sind Album und EP nach wie vor kostenpflichtig erhältlich) und läuteten mit der jüngst erschienenen "Burnt Out"-EP den angekündigten Neuanfang ein. Statt jedoch alles Bisherige komplett umzukrempeln, erweisen sich die vier neuen Songs eher als kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer vorherigen Releases. Das eingangs erwähnte Suffix "-core", das bereits auf dem Album nur noch sporadisch zu finden war, ist nahezu vollständig weg. Stattdessen gibt's mit reichlich teenage angst angereicherten, schnörkellosen Pop-Punk, der sich einer soliden Produktion erfreuen kann. Nicht mehr und nicht weniger.




Außerdem


Edgar R.

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Eine Band aus dem hohen Norden Deutschlands, die sich ihren eigenen Sound aus den Bausteinen Punkrock, Indie, Emo und Post-Hardcore zusammenbastelt, wird wohl nur schwer an den Vergleichen zu Referenzbands wie Turbostaat, Love A oder Frau Potz vorbeikommen. Vor allem dann, wenn man auch noch im Vorprogramm von Turbostaat's Releaseshow zu deren letzten Album "Stadt der Angst" spielt und das Debüt-Demo im Raum007-Studio produzieren lässt, wo eben auch schon Frau Potz zu Gast waren. Zwei Fakten, von denen sich nun schonmal vorweg die Qualität des Schleswiger Trios Edgar R. ablesen lässt. So beginnt ihre Demo-EP "Ist das euer Ernst?" - von Helge Albrecht (Schlagzeug, Gesang) und Daniel Carstensen (Gitarre, Gesang) noch als Duo eingespielt - mit dem eingängigen "Mecklenburg-Vorpommern", das mit einprägsamen Refrain und wütender Zweitstimme sofort zu begeistern weiß. Auch das folgende "Grauer Star" wird von einer treibenden Rhythmussektion angefeuert, ehe der dritte und letzte Song "Schmökel hat's vergessen" mit plötzlichen Tempowechseln für mehr Abwechslung sorgt. Jetzt gilt es eigentlich nur noch, dieses Niveau auch auf Albumlänge auszudehnen.

Edgar R. sind Mitglied des 2012 gegründeten Künstlerkollektives SLHK, dem u. A. auch die Post-Rocker Foxchasesgirl, die Alternative-Band Terminal sowie das Soloprojekt ihres Frontmannes Leif Marcussen, angehören. Die Releases der beteiligten Bands sind auf der Bandcamp-Seite des Kollektives zu finden.


Buy CDr via Mail to: edgarr.booking@gmail.com


 Specht Ruprecht

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Der Bandname nimmt es bereits vorweg: Specht Ruprecht sollte man schon mit einem Augenzwinkern gegenübertreten. Wer bereits zuvor mit Affenmesserkampf oder Antitainment den freigeistlichen Umgang mit dem Punkgenre pflegte, dem wird auch der äußerst sprunghafte Hardcore/Punk/Metal-Misch-Masch des Erfurter Quartetts nicht so schnell aus der Bahn werfen. Angereichert mit reichlich Dada, entspringen die Texte zumeist persönlichen Erfahrungen, die sich neben musikalisch akrobatischen Pendelläufen auch gerne mal in eingängige Melodien entladen. So bietet das Kopfnicker-Riff in "klassenkasper" einen ebenso großen Unterhaltungswert, wie der an Pascow erinnernde Refrain in "günstig preiswert billig". Der Möchte-Gern-Rap in "prima ballerina" hingegen, ist mindestens genauso dick aufgetragen, wie der schmalzige Indiepop-Ausflug in "gebrüder rohrspatz". Tja...da sieh mal einer an, was man aus Punk so alles machen kann.

Wer es etwas geradliniger und mit wechselndem Männlein/Weiblein-Gesang mag, kann sich auch auf die Suche nach den rar gesähten Releases der Quasi-Vorband Slashdpeach begeben.




Montag, Juni 9

Zeilenton - Chains of Mind CD



Wer schonmal versucht hat, am Music Maker einen Song zu kreieren, der nicht nach einen Music-Maker-Song klingen sollte, der weiß, wie zeitaufwendig dieses Vorhaben ist. Zwar ist Christ Koni aka Kryzstofijé Miller (Kulla Villa) aka Giffah XMC aka Zeilenton - und weiß der Teufel, wie viele schizophrene Persönlichkeiten noch so von ihm im Web herumgeistern - nicht auf die beschränkten Möglichkeiten des Music Makers angewiesen. Dennoch richtet sich das Equipment seines, in seiner Regensburger Wohnung eingerichtetem, Homerecordstudios C me P Rec'z in erster Linie nach dem verfügbaren Budget. Und das liegt im Rahmen einer DIY-One-Man-Band, die immer noch auf die tatkräftige Unterstützung von Freunden angewiesen ist, nunmal an unterster Stelle. "Chains of Mind", Zeilentons Debüt, ist in Anbetracht dieser Umstände ein überraschend vielseitiges und solides Album geworden, dem man überwiegend nicht einmal anhört, dass sämtliche Instrumente von Christ Koni eigenhändig eingespielt wurden. Klar, selbst Musikgrößen wie die QOTSA basteln ihre Songs mittlerweile per E-Mail-Verkehr zusammen. Koni und seine imaginären Persönlichkeiten tragen das im eigenen Studio aus, was sie letztendlich zu einem Kollektiv vereint, das durchaus ein glückliches Händchen für feine Melodien besitzt und keinen Song voreilig ins Rennen schickt. Allen voran die (will ich jetzt mal behaupten) Hitsingle "Zwangsmaske", die einem permanent Gänsehaut über den Körper jagt und mit tiefgestimmter Gitarre und brummenden Bass (von Daniel Klare) vom Alternativerock bis an den Rand zum Grunge entführt. Der Song ist gleichzeitig aber auch Startschuss für die folgenden 50 Minuten des Albums, das ungeniert durch mittlerweile verpöhnte Genres wie Crossover und NuMetal geleitet und selbst vor Gothic-Romantik kein Halt macht. So richtet "Verlieben verlernen" augenzwinkerd seinen Blick auf Oomph und Zeraphine, während das folgende "Der Weg ins Freie" mit seinem Kopfnicker-Rap-Metal an ehemalige Such a Surge erinnert. "Lass uns stehen", das zweite Herzstück der Platte (will ich mal behaupten), mündet gar vom anfänglichen, bedächtigen Singer/Songwriter-Rock im Mardi-Gras-Enthusiasmus.
Ob sich Koni mit dem selbst zusammengeschnittenem Video zu "WZF" (siehe unten), in dem er im Rahmen seiner "Songs im Hardcore-Check"-Reihe mit einer Gegenfrage auf Kollegah's Song "Wat is' denn los mit dir" reagiert, wirklich einen Gefallen getan hat, lässt das zwiegespaltene Youtube-Feedback zunächst offen. Es zeigt aber zumindest einen Musiker, der bei aller Ernsthaftkeit den Spaß nicht vernachlässigt. Thumbs Up!



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Freitag, Juni 6

Umluft 180° - Deutsche Kinder EP



Na was haben denn die München-Punks im Rahmen ihrer sechsten "In München Nix Los!"-Compilation da schon wieder feines für uns ausgegraben? Etwas, dass vor dreißig Jahren im Zuge der großen deutschen Punkrevolution scheinbar zwischen all den namenhaften Bands untergegangen ist, möchte man zunächst meinen. Tatsache ist, dass die vier Jungs von Umluft 180° mit "Deutsche Kinder EP" erst vor kurzem ihr Debüt ablieferten. Keins, dass sich gewaschen hat, sondern mit dem sie viel Straßendreck und die Auflehnung gegenüber vorherrschender Normen und Diskriminierungsformen aufwirbeln. So brechen sie auf ihrer EP intuitiv, eingängig und ohne viel Zeit zu verschwenden sechs Songs über's Knie, die zwar allesamt klare Ansagen treffen, dabei aber die nötige Portion Ironie nicht vernachlässigen. Während Nazis ("Deutsche Kinder"), Szenenwechslern ("Blinder Passagier") und Bohlen, Raab & Co. ("Idole") der Mittelfinger direkt vor die Nase gehalten wird, darf es in den Songs "Bürokratie" und "Ampeln" (herrlich zweideutig: "Die Ampel ist rot, ich gehe los/Die Ampel ist grün, ich bleibe stehn/ [...] Ihr grünen Männchen könnt mich alle mal!") getreu dem Motto "Kinderlieder frei ab 18" ruhig etwas infantiler zugehen. Da darf auch das obligatorische Sauflied nicht fehlen, dass mit "Augustin" an letzter Stelle nachgereicht wird.
Umluft 180°, die sich aus dem Duo Schwachsinn und Moral heraus entwickelten und noch heute gelegentlich Aushilfe von einigen Lüftungsschacht-Mitgliedern erhalten, sorgen auf ihrer "Deutsche Kinder EP" für ein kurzweiliges Vergnügen, angeführt von dem mit Violine in die Piratenspelunke entführten Titeltrack. Oder anders gesagt: Das ist der Stoff, der 80er-Hardcore-Punk-Bands zu Legenden machte.



Die "Deutsche Kinder EP" erschien in einer limitierten Auflage von insgesamt 200 7inches. Dabei hat die auf hundert Stück durchnummerierte Black-Vinyl-Edition (inkl. DLC und Sticker), gegenüber dem farbigen Vinyl (ebenfalls 100 St., handnummeriert, von der Band handverziertem Cover, gestempelten Label-Etikett und inkl. DLC, Button, Sticker und signiertem Foto) klar das Nachsehen.

Wer Umluft 180° live erleben will, besucht am (Freitag den) 13.06. den Freiraum Dachau oder am 20.06.14 das Rülps im JUZ Kirchheim, wo euch neben den sechs EP-Songs und "Gutmensch" u. A. noch zahlreiche Covers von Planlos, Notgeil und SchleimKeim erwarten.

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DL Deutsche Kinder EP

Mittwoch, Juni 4

KOMPLIKATIONS - Poverty LP



Ja gut, dass gegenwärtige Punkbands auch gerne mal die Nähe zu ihren längst vergangenen Vorbildern suchen, ist mittlerweile sicher keine Seltenheit mehr. Würde man es sich einfach machen wollen, könnte man die deutsch-belgische Kombiband KOMPLIKATIONS auch beleibig zwischen den Sex Pistols, The Screamers, The Units und Nervous Gender platzieren und gleichgültig die Überschrift "Wie Punkrock in den Spät-70ern vom New Wave und Synthie-Rock überrannt wurde" drüber setzen. Das würde passen, keine Frage. Der Clou daran ist: beim "Was-passt-nicht-in-die-Reihe"-Spiel, müsste man sich schon auf sein Glück verlassen, um den Fehler ausfindig zu machen. KOMPLIKATIONS klingen tatsächlich so, als hätte sie die Vergangenheit sprichwörtlich eingeholt. Dass im Line-Up des Trios aus Lüttich kein Platz für Saiteninstrumentalisten ist, fällt nicht weiter ins Gewicht, da querschießende Synthies nahezu den kompletten Sound der Band ausfüllen. So legen KOMPLIKATIONS zu Beginn ihres zweiten Releases "Poverty" mit der Video-Single "Apathy"erst einmal einen ausgelassenen Kracher hin, gefolgt von dem angepissteren "Down". Im morbiden "Sans Sentiments", der einzige deutschsprachige Song der LP, singt Frontmann Alen dermaßen gleichgültig und prollig entgegen dem gefühlskalten Roboterrock der Marke Kraftwerk, als gäbe es tatsächlich noch irgendwelche Tabus, die es mit Kaltschnäuzigkeit zu brechen gilt. Damit lässt sich heutzutage sicherlich keine Revolution mehr anzetteln, als dass die Band vielmehr einen gezielten Flashback auf eine revolutionäre Zeit wirft. Da kann man ihnen dann nicht einmal Dreistigkeit vorwerfen, wenn die LP mit dem (tollen) Units-Cover "I Night" ausklingt (bereits der Vorgänger "Step Forward" hob sich das Killing-Joke-Cover "Komplikations" für den Schluss auf).

"Step Forward" (2012) und "Poverty" (2013) erschienen jeweils auf Vinyl über das Aachener Punklabel Rockstar Records, letztere sogar als limitierte Pre-Order-Edition (62 x handnummeriertes, grünes Vinyl). Die dazugehörigen Spendendownloads findet ihr auf der Bandcamp-Seite des Labels.

Eine Drei-Song-7" soll demnächst folgen.

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DL Poverty LP

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Montag, Juni 2

Die Nerven, Peter Muffin, Melvin Raclette & Co.



Lange Zeit haben sie sich gesucht, mit Die Nerven schienen sich die drei Querköppe Max Rieger (Die Selektion), Kevin Kuhn und Julian Knoth (Ach was!) nun endlich gefunden zu haben. Eine Band, verwurschelt zwischen Improvisation, Post-Punk und ganz viel Lo-Fi-Trash, und deren eigenwilliger Charakter auch immer wieder in den Nebenprojekten der drei Beteiligten durchschimmerte. Demnach ist es bezeichnend, dass sie eben auch über die Grenzen ihrer gemeinsamen Band hinaus nicht voneinander ablassen können. So kann Rieger mit seiner Band All diese Gewalt! ebenso auf die Unterstützung seiner beiden Bandkollegen bauen, wie Kuhn und Knoth umgekehrt mit ihren Soloprojekten Melvin Raclette (auch auf unserem ersten Sampler vertreten) und Peter Muffin, die sich beide wiederum auch gerne mal zu einer gemeinsamen Weihnachtssession verabreden.
Wer bereits an dieser Stelle Schwierigkeiten hat den Durchblick zu behalten, dem wird im folgenden Absatz sicherlich ganz der Faden abreißen. Unlängst sind Peter Muffin & Co. nur einige Sterne am mittlerweile weit ausgedehnten Experimental- und Lo-Fi-Himmel, den die drei durch teils selbst ins Leben gerufene Labels wie Rasputin Records, Diaspora Kollektiv und All Holes Records oder ihrem Beitritt in diversen Kollektiven (z. B. Ohrenbetäubung), zumindest maßgeblich geprägt haben.
Klar, das ist schon eine beachtliche Auswahl, deren Erkundung sicherlich nicht nur einen geringen Zeitaufwand für sich beansprucht. Dafür gilt es aber auch, eine Menge Vielfalt zu entdecken, die sich je nach Band in einem eigenen, außergewöhnlichen Antlitz um den gemeinsamen und auflehnenden Kern wickelt. Freigeistliche Köpfe wie Rieger, Kuhn und Knoth, die mit ihrer Musik mitten ins liberale Herz des ursprünglichen Punk stechen - und dafür gerne den einen oder anderen skeptischen Blick in Kauf nehmen.

Jahres-Sampler