Chaotische Fußballfans und eine beunruhigend anwachsende Pegida-Gemeinschaft, die am vergangenen Montag nun schon zum siebten Mal in einer fragwürdigen Großdemonstration in Dresden mündete, ernüchterten den Blick auf die ansonsten recht schöne Fassade der sächsischen Hauptstadt. Sicherlich darf man nicht Alles und Jeden über einen Kamm scheren, ein Aushängeschild für Aufgeklärtheit und Toleranz lässt sich damit allerdings auch nicht begründen. Die Punkszene wächst weiter und steht mit den jüngsten gegenteiligen Entwicklungen vielleicht vor ihrer bislang größten Herausforderung. Doch genauso, wie man mittlerweile seit Jahren erfolgreich den braunen Mob zum alljährlichen Bombardierungsquatsch in die Flucht schlägt, besteht auch hier Hoffnung. Alles andere als hoffnungsvoll präsentiert sich zunächst der Opener "Growing Old" von Yon's Debüt-EP "Catch". "And if i become one million years. there's no life to live inside those walls.", lauten die letzten Zeilen des Songs, die man im Kontext sicherlich verschieden auslegen kann, aber durchaus die elementare Frage auwirft, was ein Leben ohne Freiheit noch lebenswert macht. Die Freiheit eines zuflucht- und hilfesuchenden Menschens, der selbiges nicht einmal in einem Land findet, dessen Einwohner lediglich aufgrund steigender Kaffeepreise um ihre Existenz fürchten und reelle Probleme höchstens als Unterhaltungszugabe aus dem Frühstücksfernsehen kennen. Da kann einem schonmal ein großes Stück Galle hochkommen, scheinbar wie auch dem dresdner Quartett Yon. Wenn deren Frontshouter erst einmal loslegt, kann man all den Hass und die Wut, aber auch die Verzweiflung über derartige Miszstände heraushören. Dennoch ist Yon keine kompromisslose Band, zumindest im instrumentalen Sinne. Ihr Sound vereint Hardcore, Rock und Metal, die allesamt mit einem fettgedruckten POST-Präfix bekleidet sind. Letztgenanntes von Klammern umschlossen, da sich die insgesamt vier EP-Songs weniger beklemmend auf's Gemüt niederdrücken, als vielmehr von einer genre-untypischen Leichtigkeit getragen werden. "Stay Away From People Who Hate Themselves" - eine Weisheit, die ich meinem ungeborenen Sohn als erstes mit auf dem Weg geben werde - offenbart zur Mitte hin gar eine fröhliche Gitarrenmelodie, während "End Something" nach einem etwas unentschlossenem Anfang zu einem schwerelosen und spannenden Post-Rock-Juwel anschwillt.
Nicht nur angesichts der Tatsache, dass "Catch" von der Proberaumaufnahme bis zur physischen Tape- und CD-Vollendung komplett in Eigenregie entstand, ist Yon mit ihrem Debüt ein facettenreiches, homogenes und irgendwie andersartiges Werk gelungen, das man sich schleunigst zulegen sollte, bevor die restlichen Tapes vergriffen sind.
Neue Songs sind bereits in der Mache und könnten schon bald eine neue EP schmücken. In der Zwischenzeit kann man sich noch den Schädel von Chevin's (Eric) trashigen Fastcore wegblasen oder die Ohren mit ambienten Post-Rock von Surrounded by Infantry (Johannes) zukleistern lassen.
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