Sonntag, Januar 3

Leonard Las Vegas - Jagmoor Cynewulf LP



Band: Leonard Las Vegas

Titel/Release: Jagmoor Cynewulf/Album (1x Black Swirl Clear, 38x Clear & 62x Black Vinyl + CD, CD, Tape, Digital)

Label: Blackjack Illuminist

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Indie(-pop), Dream(-pop), Noise, Post-Rock, (Cold) Wave, Shoegaze

FFO: the pAper chAse, The Cure, My Bloody Valentine, David Bowie

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Kurzinfo:

Buch oder Verfilmung? Die Frage, was denn wohl besser ist, scheint sich nur in den wenigsten Fällen ernsthaft zu stellen. Den Score oder Soundtrack zu einem Film, kann man hingegen als gelungen empfinden oder eben als Gegenteiliges. Und wie verhält es sich bei dem Soundtrack zu einem Buch? Lässt sich das überhaupt vergleichen oder objektiv bewerten?
"Jagmoor Cynewulf" ist nicht nur die erste Buchveröffentlichung des Königs Wusterhausener Labels Blackjack Illuminist, sondern gleichzeitig auch Leonard Las Vegas' viertes Studioalbum, der Zwei-Mann-Band um Labelchef Alex Donat und dem Würzburger Drummer, Cajonist, Percussionist und Sänger David Kandert (u. A. bei Clemens Bittlinger und Mofa Kahului). In beiden Varianten kämpft der gleichnamige Protagonist gegen seine eigene Psyche an, unterwirft sich, von Selbstzweifeln zerfressen, existenziellen Fragen und findet sich schließlich in einer Welt wieder, die sich erst langsam zusammensetzt, zu erahnende Konturen offenbart, merkwürdige Figuren kreiert und die letztendlich immer wieder in sich zusammen fällt. "Jagmoor Cynewulf's" Weg führt durch ein sich selbst reproduzierendes Labyrinth voller heller und dunkler Räume, hinter deren Türen nichts weiter als Ungewissheiten lauern, die den ohnehin schon verunsicherten Kerl wie Sirenen in Sackgassen, zu Trugbildern oder schlicht in die Irre führen. Ja, sowohl Buch als auch Album biedern sich derartigen psychologischen Metapherfloskeln regelrecht an. Aber es ist OK, wenn man weiß, worauf man sich einlässt. Schließlich stolpert man über Autor und Band nicht zufällig. Ein vertracktes Psychogramm (Buch) und ein schizophrenes Stück Experimentalmusik.
"Jagmoor Cynewulf", dem Album, merkt man die Verunsicherung seines Protagonisten an und in lyrischer Hinsicht lassen die beiden Musiker auch keinen Zweifel darüber aufkommen, dass dem tragischen Helden sein verhängnisvoller Weg vorher bestimmt ist. Dennoch wirkt die akustische Umsetzung um Einiges heller, als die morbide Literatur. So trudelt das Album sanft und verträumt mit dem zwischen Shoegaze und Indie pendelnden "Where to Go?" ein, in dem sich ein melancholisches Piano und eine muntere Gitarre zu einer mitreißenden Melodie aufschaukeln. Doch bereits im folgenden "Checkout & Goodbye" oder im Violinen-begleitetem "Through the Dark of the Atmosphere", die im Kern von nicht weniger Hitpotential zusammengehalten werden, fängt die harmonische Fassade allmählich an zu bröckeln. Diesen Songs kann man ohne Weiteres Pop-Affinität zusprechen, nur, dass Leonard Las Vegas auf eine dicke Zuckerglasur verzichten. Ein Rezept, mit dem bereits the pAper chAse einen höchst eigenwilligen Stil kreierten. Um mutwillige Destruktivität geht es der Band aber ebenso wenig, wie die totale Verstörung des Hörers. Einen fragilen, sich manisch wiederholdenden und stetig aufputschenden Song wie "Birth & Death, Stuff That Freaks Us Out" in etwa, haben Pearl Jam mit "Bugs" oder "Hey Foxymophandlemama That's Me" um einiges labiler hinbekommen. "Jagmoor Cynewulf" zielt darauf aber gar nicht ab. Es ist vielmehr ein facettenreichen Portrait, das trotz seiner Kuriosität viel Wärme und Licht ausstrahlt und seine Zerbrechlichkleit überwiegend in Alex' Stimme zum Ausdruck bringt. Stellenweise könnte sich sogar der Eindruck aufdrängeln, dass sich der Protagonist ganz wohl fühlt - in seiner eigenen Welt. Ein Trugschluss, der sich wohl erst offenbart, wenn man die Zeit zum Lesen aufbringen kann.

Stream & Buy "Jagmoor Cynewulf"


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