Freitag, Juni 10

Video Kills the Radio Star Vol.2


Captain Planet



Geht es um deutschsprachige, post-moderne Punkmusik, sitzen bei den Kritikern wohl kaum zwei andere Bandnamen so locker im Mund, wie Turbostaat und Captain PlaneT. Da es auf Dauer aber auch ganz schön nerven kann, immer nur als Referenz herhalten zu müssen und Erstgenannte bereits im letzten Jahr ein Album veröffentlicht hatten, haben sich nun auch Captain PlaneT ein Herz gefasst und nach vierjähriger Abstinenz einen Longplayer nachgelegt. "Ein Ende" ist das vierte Studioalbum der vier Hamburger, das genauso wie ihr Drittes über das Label Zeitstrafe erscheint. Neben der schwarzen und orangenen Vinyl, gibt's dazu auch eine Deluxe Vinyl Edition, die neben das orangene Vinyl mit Poster noch eine Bonus-7" und Live-CD enthält, bei Band und Label aber bereits vergriffen sind. Ich habe schon wieder ein paar private Angebote entdeckt, die jenseits von Gut und Böse sind, aber sich darüber aufzuregen bringt ja anscheinend nichts.
Als ersten Vorboten zum Album hatte die Band bereits das Video zu "Vom Ende an" ins Rennen geschickt und somit schonmal einen schön temporeichen und echauffierten Start hingelegt. "Irgendwas", das zweite Video, nimmt diese Unruhe direkt auf, gönnt sich kurz etwas Zeit zum Verschnaufen und mündet schließlich in einer ebenso tollen Melodie. Bleibt als erster Eindruck nur das Altbekannte, nämlich, dass sich Captain PlaneT auf das Wesentliche konzentrieren und ihre jugendlich-ungestüme Art beibehalten haben.





KMPFSPRT


Auch KMPFSPRT, die Band um ehemalige Fire in the Attic- und Days in Grief-Mitglieder, gehören mittlerweile zur Speerspitze der deutschen Punkszene, und das nicht nur, weil sich die vier Kölner im letzten Jahr eine Split-EP mit Boysetsfire teilten. Inzwischen bespielen KMPFSPRT auch die großen Festivals und teilten sich u. A. schon die Bühne mit Casper und Jennifer Rostock. Blöder Weise ist das "Intervention", dem Titeltrack ihres zweiten Albums, auch ziemlich anzuhören, der, abgesehen von der Message, wie ein beliebiger Jupiter Jones-Track klingt. Etwas zackiger bekommen es die Domstädter da schon mit "Ich hör' die Single nicht" hin, in der es allerdings etwas bezeichnend heißt: "Kein Hit, kein Pop, kein Punk". Wird sich wohl noch zeigen müssen, wo genau dazwischen sich KMPFSPRT positionieren werden.




Meadow Saffron


Des Einen Freud ist des Anderen Leid. Die Siegener Band Meadow Saffron existiert bereits seit 2006, ihr Debüt- und bis vor Kurzem noch einziges Album "Leaving the Black Square" (Freedownload auf Bandcamp) veröffentlichten die Jungs 2008 in Eigenregie. Ein unbestimmbares Biest aus Alternative, etwas Post-Rock und Math, Indie und Post-Hardcore in herrlicher DIY-Ästhetik. 
"Saving the Sandbank" lautet nun also der Titel ihres zweiten Albums, das mit dem Opener "The Leap" einen ersten Vorgeschmack darauf bietet, was sich innerhalb von fast acht Jahren so alles geändert haben könnte. "Saving the Sandbank" wurde vom Alternative-Gott Kurt Ebelhäuser höchst persönlich produziert, was der Vorab-Single absolut anzuhören ist. Ich weiß nicht, ob der Sänger in der Zwischenzeit Gesangsunterricht genommen hat oder im Studio fleißig nachgeholfen wurde, geschweige denn, ob es mittlerweile einen Wechsel am Mikrofon gab, aber mit dem leicht brüchigen und etwas in der Leere hängenden Gesang vom Debüt hat das hier nichts mehr zu tun. Dementsprechend klar und satt präsentiert sich auch das Instrumentale. Erinnert mich irgendwie an Ill Niño zu Zeiten, als sie etwas softer wurden ("Confession").




This April Scenery



Auch das nordrhein-westfälische Quartett This April Scenery ist mit seinem zweiten Album "Luminality" auf dem saarländischen Hardcore-Exoten-Label Midsummer Records gestrandet und feiert somit nicht nur sein erstes Label-, sondern auch das erste Vinyl-Release (150x Black/White Marbled & 350x Black, beide Varianten inkl. CD). Endlich, muss mensch da schon sagen, denn angekündigt wurde es bereits mit ihrer 2013er EP "Concrete Garden" (Freedownload auf Bandcamp). Das sich die Fertigstellung so lange hinausgezögert hat, ist auch dem Umstand geschuldet, dass sich Sänger, Gitarrist und Produzent Nico Vetter in der Zwischenzeit um anderweitige Produktionsprojekte kümmern musste, wie z. B. City Light Thief oder Neufundland. Das Warten scheint sich aber in jedem Fall gelohnt zu haben, denn This April Scenery haben mit "Luminality" ein Post-Hardcore-Album abgeliefert, dass zu aller erst die Frage aufwirft, welchen Anteil der Hardcore auf diesem Album überhaupt einnimmt. Mich haben die beiden Vorab-Videos zu "Shifty Eyes" und "Caught in Mediocrity" etwas an den ungestümen Emo von Cursive erinnert, aufgeweicht in reichlich Post-Rock und flirrender Shoegaze-Ästhetik, während "Myriad of Future Plans" seine Härte nur unterschwellig und dosiert zwischen viel Atmosphäre und Gefühl durchblitzen lässt und somit vielleicht ein außergewöhnliches Album vermuten lässt, wie es Pride and Ego Down im letzten Jahr veröffentlichten.




Lions Form Alaska


Naja, die Kulmbacher Melodic-Hardcore-Band Lions From Alaska ist auch nicht gerade das, was mensch produktiv nennt, zumindest wenn es darum geht die Fangemeinde mit nachhörbarer Musik zu versorgen. Nach ihrem Debüt-Demo-Song "Alaska" aus dem Jahr 2014, ist das kürzlich erschienene "Dead Thoughts" gerade mal der zweite Song auf Youtube. Bandcamp, Soundcloud & Co. wird vom Quartett bislang gemieden. Dafür sind die Jungs immerhin fleißig unterwegs und wer sich einen Gesamteindruck von der Band verschaffen will, sollte sie eben am besten live erleben. 
"Dead Thoughts" liefert immerhin schonmal einen stimmigen Vorgeschmack. Melancholische wie sphärische Gitarren, Bass und Schlagzeug halten druckvoll dagegen, cleane Gesangspassagen und solides Geshoute, eingefangen in einem fetten Sound. Ein Song, der auch hervorragend dem Metalcore zu Gesichte stehen würde....aber das wäre ja langweilig.



Specht Ruprecht


Hier mal wieder was zum Ausgraben. Passend zum Thema, präsentieren uns Specht Ruprecht einen nostalgischen Horror-Trash-Zusammenschnitt im Video zum Non-Album-Track "What Is It", der grob in die Kategorie "Krach" eingeordnet werden kann. Herrlich eingängiges und kathartisches Old-School-Hardcore-Punk-Gebolze, das mit einem halben Bein im Fastcore steht. Wer mit dem Debüt-Album "Kaisers neue Kleider" (als Digipak-CD über Bandcamp und Bigcartel) der slashdpeach-Nachfolgeband aus Erfurt vertraut ist, weiß allerdings auch, dass jeder Song der Band eine Momentaufnahme ist. Ob es noch Sinn macht, auf das seit vier Jahren angekündigte zweite Album zu warten, weiß ich nicht. Lohnen dürfte es sich jedoch allemal. Tschüss.



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